… das war mein fester Vorsatz für die Weihnachtstage. Weihnachten, da macht man in Familie, schmückt den Baum, singt, kocht, packt Geschenke ein, ruft Angehörige an, die man vor einem Jahr zu gleichem Anlass (ist es schon so lange her?) zum letzten Mal gesprochen hat.
Und man geht ins sehr moderne Krippenspiel. „Einer der drei Könige hat ‚Moin, moin‘ gesagt, als er an der Herberge geklingelt hat. Außerdem ist die Tochter vom Wirt aufgewacht, weil so viele Leute in den Stall wollten. Das war lustig“, sagt mein Sohn. Außerdem: „Wie lange ist der Geburtstag von Jesus noch mal her?“
Christvesper, das musste sein, schon wegen des weihnachtlichen Ambientes und weil in mir eine christliche-Jugendgruppen-Kindheit fortwirkt, in der ich selbst mal den Verkündigungsengel spielen durfte. Den Text konnte ich noch mitsprechen. Außerdem – ich gebe es zu – bin ich meinen Kindern hingegangen, um den Knabenchor zu hören.
„Haben die nicht toll gesungen?“, fragte ich meinen Sohn, als wir wieder draußen vor der Kirche standen. „Sie will, dass Du da auch mitsingst“, übersetzte meine stets hilfsbereite Tochter. Ich hielt meine Gesichtsmuskeln im Zaum, um sie nicht scharf anzublitzen. Mein Sohn, sehr diplomatisch, denn noch hatte er keine Weihnachtsgeschenke bekommen: „Ja, der Chor war super und ich geh da auf keinen Fall hin“.
War ja klar. Mein Sohn steht auf Star Wars und auf Werder Bremen und trainiert fleißig in seinem Fußballverein. Im Augenblick steht der Verein vor dem Abstieg und hofft auf Nachwuchs. Bis Max so weit ist, muss Werder noch über ein Jahrzehnt warten. Wenn er Werder dann retten sollte, ist das doch eine großartige Sache. Warum nur, will ich dann, dass mein Sohn singt?
Selbstkritisch gestehe ich mir ein: In mir schlummern bildungsbürgerliche Werte, nach denen E-Musik mehr Wert ist als Fußballspielen – egal, wie oft die Nationalmannschaft Weltmeister wird. Aber ich höre da auch soziologische Stimmen, nach denen wir eine arbeitsteilige Gesellschaft sind, in denen wir alle eine Rolle spielen, und das System gemeinsam aufrecht erhalten. Und natürlich spricht meine Erfahrung: Glück für mich und andere ist, wenn ich das tun darf, was mir etwas bedeutet.
Auch im Krippenspiel da im Stall spielten alle eine wichtige Rolle, hatten ihre Funktion, gehörten dazu, egal ob sie Engel, Hirte, Schaf, Mutter Maria, Wirt, oder Christkind sind. Wenn einer fehlen würde, wäre unser Bild von der Krippe nicht vollständig. Ich bin überzeugt, eine der tiefsten menschlichen Sehnsüchte ist jene, dazu zu gehören, egal, was wir tun und wer wir sind. Und wenn wir einander die Zugehörigkeit verweigern, verursachen wir unendlich viel Leid.
Das war meine Botschaft, die ich dies Jahr aus der Christvesper mitgenommen habe. Und darum sehe ich es mir nach, dass ich meinen Vorsatz – kein Blog an Weihnachten – verletzt habe. Schließlich darf ich, wie mein Sohn, wie meine Tochter, wie wir alle, das tun, was mir etwas bedeutet. In meinem Fall ist es eben dies: zu schreiben.