Alles Liebe zum Muttertag. Seit Tagen werben in Rosa und Rot gehaltene Sträuße vor Blumenläden um Käufer, Pralinenpackungen im Supermarkt sind verziert mit Grußkärtchen und Flakons in der Parfümerie tragen für eine Woche Schleifchen.
Geschenke für die Mutter sollen diesen Sonntag zum gelungenen Tag für seine Hauptperson machen.
Mit ganzem Einsatz
In meiner Kindheit genügten diese Hilfsmittel meist nicht. Meine Mutter behauptete zwar, Muttertage seien ihr nicht wichtig, lieber wäre ihr, wenn wir täglich ein bisschen an sie denken würden, doch wir wussten es besser.
Also deckten wir Kinder den Frühstückstisch, stellten ihre Lieblingsblumen drauf, deren Namen ich vergessen habe, bastelten lustige Eierwärmer oder malten ein Bild und hofften, auch mein Vater würde eine gute Figur im Familienidyll machen und gute Laune an den Tag legen.
Meist ging etwas schief: Wir hatten vergessen, die Tischdecke zu bügeln, ich hatte die Eier zu früh aus dem Wasser genommen, und mein Vater hatte die Blumen vergessen.
Der menschliche Faktor war schon damals ein Risiko und trug dazu bei, dass ich Muttertage immer mit gemischten Gefühlen beging.
Das änderte sich, als ich selbst Mutter wurde. Jetzt freute ich mich einfach über das Glück, diese perfekten kleinen Wesen in meinem Leben zu haben. Am Muttertag feierte ich mich selbst, meinen Körper, der das Wunder der Geburt vollbracht hatte, die Kraft, die ich im anstrengenden Alltag fand, und die Liebe, die einfach so zu wachsen schien.
Große Freude
Meine Kinder sind jetzt groß, 13 und 17, sie schlafen noch, während ich diesen Blog tippe. Ein gedeckter Frühstückstisch wartet nicht und gestern habe ich schon freudig selbst den Kuchen für unser Familien-Kaffeetrinken gebacken.
Allerdings habe ich mich dieses Jahr vom Muttertagshype anstecken lassen. Oder besser, ich hatte den Tag als Vorwand genommen, mir in meinem Lieblingsblumenladen eine kitschige Vase auszusuchen. Sie passt zu meiner Frühlingslaune und ach, ich fand sie einfach schön.
Also ließ ich meinen Mann und die Kinder wissen, dass sie mir mit der Riesenerdbeere eine Freude machen könnten. Um sicher zu gehen, ließ ich sie reservieren und rechnete fest mit ihrem Anblick auf dem heutigen Frühstückstisch.
Doch der war leer. Als mein Mann die Erdbeere gestern mittag hatte abholen wollte, war der Laden schon geschlossen.
„Der menschliche Faktor ist dazwischen gekommen“, sagte er.
Genau, dachte ich, und war für eine Zehntelsekunde enttäuscht. Dann freute ich mich. Perfekt ist langweilig und nichts ist schöner, als diese drei menschlichen Faktoren täglich um mich herum zu haben.
PS: Als ich diesen Beitrag gerade online stellen wollte, brachte meine Tochter mir einen gemalten Blumenstrauß und eine Karte. Darin steht: „Du bist ein Vorbild in so vielem für mich und ich genieße es, so eine liebevolle, ehrliche und starke Frau als Mutter zu haben.“
Und jetzt fehlen mir die Worte.
Liebe Birgit, was für ein schöner, ehrlicher, berührender Text. Danke dir! Ganz lieben Grüße aus Wien, Ana