Ich dachte, ich hätte ein zuverlässiges Rezept gegen Arbeitsunlust. Ich dachte wirklich, ich sei gefeit. Schließlich helfe ich anderen Menschen recht zuverlässig weiter, wenn sie nicht ins Schreiben kommen. Außerdem habe ich es zigmal erlebt: Wenn ich einfach anfange, zum Beispiel mit einem Freewriting, geht es danach wie von selbst. Tatsächlich aber …
… sitze ich hier und wünsche mich, ja wohin eigentlich? Ich möchte im Café sitzen und einen Kaffee schlürfen, mich mit Freundinnen treffen, in einem Infinity-Pool schwimmen (siehe vorigen Blog-Beitrag). Oder ins Kino gehen. Kino wäre klasse.
Stattdessen lese ich zum zwanzigsten Mal Harald Martensteins Kolumne: „Über eine neue Psychokrankheit namens Prokrastination“. Er gesteht: „Wenn ich schreiben muss, dann nehme ich mir vor, zu einer bestimmten Uhrzeit anzufangen. Wenn diese Zeit gekommen ist, meistens um neun oder zehn, und ich sitze nicht im Büro, beginne ich, die Küche zu putzen. Danach checke ich meine Mails. Anschließend gehe ich einkaufen und räume auf.“
Habe ich alles heute schon gemacht. Aber wenn selbst dieser Großmeister des Schreibens ins Stocken gerät, dann darf ich ja wohl auch mal kneifen. Zumal mein Kopf heute aufgrund einer zugeschwollenen Stirnhöhle und einem Doping mit Paracetamol eher wattig ist und zielführende Gedanken nur tröpfchenweise das Licht der Welt erblicken.
Eine Sache gibt es allerdings zu bedenken. Laut Martenstein existiert ein Unterschied zwischen einem „medizinisch unbedenklichen Faulpelz“ und einem an Prokrastination krankenden Menschen: Der Gesunde bleibe einfach liegen, wenn der Wecker klingele – der Kranke stehe auf und tue ganz etwas anderes, als das, was getan werden müsse.
Bin ich nun gesund oder krank? Ist Schreiben für den Blog etwas „ganz anderes als das, was getan werden müsse“ – nämlich Schreiben für den Job? Um ganz sicher zu gehen, tue ich am besten folgendes: Ich lege mich wieder hin.