Sonja Bartscherer spricht über ihr Handbuch für Angehörige von Menschen mit Demenz
Liebe Sonja, du bist Künstlerin und Coach und wir haben vor der Veröffentlichung darüber gesprochen, wie ein Buch für Angehörige von Menschen mit Demenz aussehen könnte. Jetzt ist es erschienen, es ist prall gefüllt mit wunderbaren Anregungen, darunter Tipps fürs Journal Schreiben und natürlich fürs Malen, Kritzeln, Zeichnen. Außerdem gibt es Anregungen, wie man sich von Bildern inspirieren lassen kann. Ich freue mich sehr mit dir, denn es führt so behutsam und für jede und jeden leicht verständlich zur Kunst als Lebenshilfe.
1. Im Namen meiner Blog-Leser:innen habe ich als erstes diese Frage für dich: Warum sollten Angehörige dein Handbuch lesen?
Um Kraft zu tanken und den Geist zu entspannen!
Die Angebote sind Einladungen, sich auf sanfte und kreative Weise in die eigene Mitte zurückzubringen.
Pflegende Angehörige stehen vor enormen Herausforderungen, die sowohl physisch als auch psychisch stark belasten können. Die alltägliche, häusliche Pflege von Menschen mit einer demenziellen Veränderung fordert die seelische Widerstandskraft enorm heraus.
Ob Schreibeinladung, ein Spaziergang in der Natur oder eine kleine schwungvolle zeichnerische Übung, mit jedem Angebot in diesem Handbuch können Angehörige ihre Resilienz stärken. Gleichzeitig werden sie sich ihrer Bedürfnisse wieder bewusster. Was jemand braucht, ist in schwierigen Lebenslagen oft gar nicht mehr wahrnehmbar.
2. Wie bist du auf die Idee für ein solches Buch gekommen?
Seit gut zwei Jahrzehnten biete ich Kunst- und Kulturangebote für Menschen mit Demenz an, seit etwa zehn Jahren zusätzlich auch für pflegende Angehörige sowie professionell Pflegende und Betreuende.
Mir wurde immer bewusster, wie sehr pflegende Angehörige aufgrund der häuslichen Pflege in ihrer Mobilität und zeitlichen Flexibilität eingeschränkt sind. Sie brauchten ein Angebot, das ganz auf sie und ihre Situation zugeschnitten ist.
Ein Handbuch erlaubt Menschen, es ganz nach Bedarf und ganz so wie es in ihren Tag passt, zur Hand zu nehmen und sich davon anregen zu lassen.
Zusammen mit Hartwig Dingfelder von der Kunsthalle Bremen konnten wir in der Vergangenheit bereits viele dieser spannenden Projekte im musealen Raum verwirklichen. Darunter auch das Projekt Kunst ist Leben – Leben ist Kunst, das von der Stadt Bremen gefördert wird. Das Handbuch Kunst und Leben ist ein Teil davon.
3. Was ist deine Lieblingsanregung aus dem Buch?
Mir gefällt das freie, schwungvolle Zeichnen, das Freedrawing, im Stehen, auf einem großen Blatt Papier. Der Geist darf dabei entspannen und loslassen. Wir dürfen uns dabei viel Raum nehmen und den inneren Impulsen folgen ohne Zensur und Kopfkontrolle. Das kann sehr befreiend wirken und auf einer tieferen Ebene Verspannungen lösen.
4. Planst du weitere Publikationen?
Ja, ich arbeite gerade an einem Buchprojekt, bei dem es dabei geht, Kunst mit Gesundheitsthemen und der Persönlichkeitsentwicklung zu verknüpfen. Biografien und Werke von Kunstschaffenden aus allen Epochen bieten zum Beispiel sehr viele Anknüpfungspunkte, um sich mit dem Thema Resilienz zu beschäftigen.
5. Welche Frage, die ich noch nicht gestellt habe, wäre für dich noch spannend …
Sie lautet: Was wäre, wenn Kunst das Leben verändern könnte?
Sonja Bartscherers Buch liegt ab Ende April 2022 im Museumsshop der Kunsthalle Bremen bereit und kann hier kostenlos heruntergeladen werden: www.kunsthalle-bremen.de
Oh, welch ein tolles Projekt hat das Licht der Welt erblickt!
Aus meiner Arbeit als Ergotherapeuten mit Dementen kenne ich die Belastung und Nöte der Angehörigen, insbesondere der LebenspartnerInnen.
Und gerade gestern sprach meine Schwester davon, wie schwierig es für sie ist, seit ihr Mann dement ist, ihren eigenen Bedürfnissen nach zu gehen.
Ich würde ihr gerne dieses Buch zukommen lassen. Da sie schon länger malt, könnte es genau zu ihr passen.
Nun kam ich mit dem Link leider nicht auf eine Seite zum herunterladen. Ist es denn schon erhältlich? Gibt es dass nur in der Kunsthalle oder auch im Buchhandel?
herzliche Grüße
Astrid
Liebe Astrid, es gibt Exemplare in der Buchhandlung der Kunsthalle. Und bei mir! Wir sehen uns ja demnächst 😉
Alles Liebe B.