Macht Schreiben glücklich?

„Auf jeden Fall“, antwortete Johanna, eine meiner „Writing Soul-Sisters“, mit Nachdruck, „mich macht Schreiben auf jeden Fall glücklich“. Diese Freundin muss es wissen, sie hat Sachbücher und einen Roman geschrieben, berät Schreibende, lehrt Schreiben, und verknüpft Collagieren und Schreiben in ihren Workshops. 

Wie schafft es das Schreiben, uns glücklich zu machen?, fragte ich weiter und richtete die Frage mehr an mich als an sie. Ist es die Freude über das Produkt, das entsteht? Ist es der Moment, den wir uns mit uns selbst gönnen? Einen Moment, in dem nur unsere Gedanken und Ideen wichtig sind und wir sie so wichtig nehmen, dass wir sie zu Papier oder in den Laptop bringen? Oder aber ist es die neue Perspektive, die beim Schreiben entsteht, weil Schreiben ja Denken ist und man nie weiß, wohin einen der angefangene Gedanke noch führt ….

Glück oder gar Glückseligkeit – beliebte Themen der Psychologie – sind große Ziele, weit größere als beispielsweise Zufriedenheit. In den USA hat man ein Recht darauf, da steht „Pursuit of Happiness“, das Streben nach Glück, in der Verfassung – auch wenn der Weg der Mächtigen gerade nicht zum Glück der meisten Menschen im Land beiträgt. Und was uns in Europa angeht, so glaubt der Philosoph Jörg Bernardy, dass es eine historisch verwurzelte Abwertung des Glücks gebe. Kant, Schopenhauer oder Freud glaubten laut Bernardy sogar „Glück ist etwas für Idioten“.

Glück braucht Aufmerksamkeit

Auf jeden Fall ist das Glück flüchtig, das kennen wir alle. Es kann nicht ein für allemal hergestellt und für alle Zeiten garantiert werden. Wir merken das, wenn die Freude über eine neues Kleid abebbt, das uns beim Kauf so „glücklich“ gemacht hat. Und wir merken es, wenn die Begeisterung normal wird, die wir empfanden, als wir die neue Wohnung bezogen haben. Und selbst das Glück, Kinder zu haben, ist durchaus nicht täglich zu spüren.

Glück muss ständig wieder hergestellt werden und es beginnt mit den kleinen Freuden. Das ist für uns Menschen eine Herausforderung. Unter anderen deshalb, weil wir einen Sensor für Negatives haben und es viel leichter speichern als Positives, ein Relikt unserer Vorfahren aus der Steinzeit, die darauf angewiesen waren, tödliche Gefahren wieder zu erkennen. Das Glück jeden Tages zu sehen, das müssen wir uns regelrecht antrainieren.

Und hier kommt das Schreiben ins Spiel: Wer täglich oder regelmäßig mit Fokus auf kleine Freuden schreibt, trainiert den Glücksmuskel. Er oder sie lernt, die Welt mit anderen Augen zu sehen. Und sich selbst auch.

Die Glückslinse putzen

Mit einem kleinen Dreh kann diese verbesserte Wahrnehmung zu einer Glückslinse werden, zu einer rosaroten  Brille, die wir nach Bedarf aufsetzen können. In dem wir beim Schreiben den Fokus auf die guten Erfahrungen lenken, schlagen wir unserer genetischen Prägung ein Schnippchen, vernetzen wir unsere Synapsen neu. Schaffen eine neue Art der Wahrnehmung: Diesmal für das, was glücklich machen kann.

Natürlich gibt es noch viele andere Aspekte des Schreibens, die Glück fördern. Das Von-der-Seele-Schreiben zum Beispiel, die Gemeinschaftserfahrung in Schreibgruppen, sogar Krankheiten und Traumata können mit dem Schreiben gelindert und erträglich werden, wie der Psychologe James W. Pennebaker und seine Forscherkollegen in den 1980er Jahren schon gezeigt haben. Seit dem wurden seine positiven Befunde viele Male bestätigt.

Mich versetzt Schreiben außerdem oft in Flow – einen Zustand, der von dem Psychologen Mihaly Csikszentmihalyi beschrieben wurde und sich dadurch auszeichnet, das man Zeit und Raum um sich vergisst und selbstvergessen und glücklich am Werk ist.

Und jetzt sagt auch die Forschung: Genuss macht glücklich

Wovon hier die Rede ist, sind nicht die großen Glücksmomente im Leben, sondern vor allem das kleine, alltägliche Glück, das ihr aus „Schreiben zur Selbsthilfe“ und „Wohlschreiben“ kennt. Dafür braucht es auch Genussfähigkeit, die „trait hedonic capacity“ genannt wird, wie es in der aktuellen Ausgabe von „Psychologie Heute“ heißt. Jetzt gibt es Studien dazu: Wer genießen kann, ist weniger ängstlich und niedergeschlagen, fühlt sich wohler und hat bessere Beziehungen. 

Wer schreibt, hat an sich schon Glück: Die Chance auf Flow jeden Tag und die Möglichkeit, Genuss beim Aufschreiben zu intensivieren. Wir genießen dreimal: Beim Erleben, beim Aufschreiben, beim Lesen unserer Texte! Vielleicht ist dies genau der Anreiz, um mal wieder eine genussvolle Momentaufnahme zu schreiben? Wann hast du das letzte Mal gestaunt, wie wunderschön unsere Welt, der Frühling, die Natur ist?

 

 

Schreib dir Sommerfreude herbei und wenn du magst, genieße die Wonnewochen mit mir!

Die schönsten Wochen des Jahres und lang ersehnte Mußestunden liegen vor dir: Du sehnst dich schon danach, die Seele baumeln zu lassen und Kraft und Inspiration zu tanken? Dann habe ich eine gute Nachricht für dich:

Auch wenn du in diesem Jahr vielleicht keine Fernreise unternehmen kannst, sondern die heimische Hängematte auf dich wartet, kannst du eine wundervolle Reise unternehmen. Sie steht diesmal unter dem Motto: Ankommen bei dir selbst! Einfach einmal innehalten, dich wieder mit dir selbst verbinden, um im Glück des Augenblicks zu tanzen!

Auf in einen wonnevollen Schreibsommer!

Der Sommer ist die Zeit der wunderbaren Momente! Mit dieser Kostprobe, einem Impuls aus meiner Journalschatzkiste, machst du den ersten Schritt, sie für dich zu entdecken und zu genießen.

0 Kommentare zu „Macht Schreiben glücklich?“

  1. Hat dies auf Schreiben beflügelt ! rebloggt und kommentierte:
    So ähnlich haben meine Teamkollegin Jutta Michaud und ich das heute den Lerntherapeuten erklärt, die bei uns in Ausbildung sind. Birgit Schreiber macht es prima verständlich, wie das Schreiben uns glücklich macht. Allerdings merken wir immer wieder: Bei allem Resilienzwillen, der Bereitschaft, Krisen zügig zu überwinden und der Suche nach dem Glück im Alltag – es gibt auch Zeiten, in denen haben Trauer und Traurigkeit ihren Platz… und auch da kann ich schreiben; ohne mich zu sehr hineinzudrehen und den Kummer zu verstärken, sondern indem in ihn annehme und anerkenne…
    Eure SuDi

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