Es heißt „die“ Geschichte
In einem unserer Schreibsalons habe ich eine Weihnachtsstory geschrieben. Schreib sie für dich weiter und passend! Viel Vergnügen – und eine gute Reise ins neue Jahr!
Holder Knabe im lockigen Haar. Nein, ersteres ist nicht erkennbar. Das zweite schon: Der Schopf des Kindes ist lockig, aber anders als auf den üblichen Bildern schimmert er nicht gülden, sondern tiefschwarz. Seine spätere Pracht lässt sich ahnen, in den kleinen zarten Kräuseln auf dem Kopf des Kindes dort drüben im Stroh.
Als nächstes fällt die Tönung der Haut auf, Braunnuancen wie mit Silvesterglitzer bestreut. Die kleinen, wachen Äuglein, sie leuchten grün, unmöglich zu sagen, welche Einflüsse hier geltend gemacht wurden, welche Gene sich ihre Berechtigung erstritten haben, sichtbare Zeichen zu setzen. Noch ist nicht erkennbar, wer sich hier durchgesetzt hat, mit den Jahren durchsetzen wird, bei der lebensspendenden Vereinigung zweier Körper.
Die Augen der Zuschauer:innen zeigen indes: Unglaube, Erstaunen. Fassungslosigkeit gar.
Es ist ein Mädchen. Dabei soll es doch um die Geburt des Heilands gehen.
Nun ist es die Heiland. Ist das zu glauben?
Ja, um Glauben geht es hier, um Kirche und eine Prägung von vielen Generationen, doch davon ist noch wenig zu spüren an diesem Abend, in dieser Nacht. Sterne vor dunklem Samt da draußen, hier drinnen Kerzenlicht und die Hirt:innen, die sich erschöpft von dem langen Weg mit ihren Rücken an Strohballen schmiegen, die Beine lang ausgestreckt. Ihre Augen gerichtet auf das Geschehene in der Mitte des Stalls, bei gebührenden Abstand, sind doch die Zeichen der nicht ganz schmerzfrei verlaufenen Geburt – göttliches Tun hin oder her – noch erkennbar: Ein blutiges Laken und dort ein Gebilde, die Nabelschnur, letzte Verbindung zum schützenden Mutterkörper, jetzt Quell der Freude für einen Hirtenhund, der sie andächtig verspeist. Hinterher glauben die Hirt:innen über den spitzen Ohren ein Glimmen und Leuchten zu erkennen, einen Heiligenschein in Hundekopfgröße.
Indes sind drei weitere Reisende vor dem kleinen Schuppen angekommen. Sie waren einer Sternschnuppe gefolgt und ihre Füße schmerzen. Langes Gehen sind sie nicht gewohnt, ihnen wird alles nachgetragen, an den Pool, auf den Divan, oder bis aufs Klo. Jetzt mussten sie viele Kilometerweit selber schleppen: Weihrauch, Myrrhe, Playmobil. Ach nein, das gehört in eine spätere Story.
Jedenfalls gehen auch ihnen an der Krippe die Augen über. Ihr Heiland ist: Eine Sie. Die Heiland. Zwei Schrecksekunden vergehen. „Ach, lasst sie uns anbeten“, singt die zweitälteste von ihnen. Ihr Land liegt am nächsten, ihre Anreise war kurz, sie hat sich als erste gefasst und hat noch Kraft für ein Loblied an diesem Abend.
Die Heiland, die Tatsache verstört die anderen noch einen Augenblick lang, im nächsten geht es dann: „Ach, wie süß“, „Oh, schau, die kleinen Händchen“ „Und wie sie lächelt“. Alle Vorstellung, wie es hätte sein müssen, alle Regeln und alles Müssen ist perdu. Vergessen. Überholt. Das was zählt, ist da. Das erkennen, erspüren, erfahren sie. Es ist anders als je erwartet. Ganz anders. Es wird ihnen gebracht von diesem kleinen Wesen, wahrscheinlich einem Mädchen. Doch das wird sich erweisen. Das Wesentliche ist bereits jetzt in aller Deutlichkeit klar, das Wesentliche ist …
Birgit Schreiber
Anregung:
Setze die Geschichte fort und schreibe,
- was aus deiner Sicht das Wesentliche ist,
- ob und wie es sich zeigt,
- wer es erkennt,
- was er oder sie damit tut.
Nimm Ingredienzen dazu, die du dir hier aussuchen kannst:
- Sterne
- Eine Kneipe
- Eine/n Obdachlose/n
- Einen nebligen Nachmittag, der plötzlich von einem Sonnenstrahl erhellt wird oder umgekehrt
- Dein Lieblingsessen
Ich wünsche dir eine genussvolle Schreibzeit …