Worüber soll ich schreiben?

Diese Frage stellen mir manchmal Workshopteilnehmer oder Studierende in Uniseminaren und ich antworte dann: Über das, was Dich am meisten bewegt. Wir können über alles und jedes schreiben, je mehr wir uns mit einem Thema identifizieren. Meine Erfahrung als Journalistin: Je mehr Fragen – oder auch Antworten – wir haben, desto wahrscheinlicher, das dies ein gutes Thema für einen Text ist.

Menschen, die ein Memoir (eine neue Art von Autobiografie) schreiben wollen, sage ich auch: „Mach eine Liste, mit den Themen, über die Du auf keinen Fall schreiben möchtest.“ Wenn die Teilnehmer ihre Liste vor sich haben, lasse ich die Katze aus dem Sack: Dein Thema ist wahrscheinlich eines von Ihnen. (Diese Anregung verdanke ich Ana Znidar, einer geschätzten Schreibkollegin aus Wien).

Eben stellte ich mir selbst die Frage: Worüber soll ich schreiben? Zu viele mögliche Themen flatterten vor meinem inneren Auge herum, wie die Meisen, die auf unserem Balkon ein Nest bauen. Mir würde nie einfallen, die Meisen zum Stillsitzen zu bringen, also erlaube ich mir heute mal, von Thema zu Thema zu springen, auch das kann eine gute Taktik sein, um sich schließlich bei einer Sache nieder zu lassen.

Auf diese Weise schreibe ich auch meine Morgenseiten – fast immer – morgens, manchmal mittags oder auch abends: Zehn Minuten Freewriting, zu den Fragen: Wie geht es mir? Was habe ich vor? Was bewegt mich gerade? Andere setzen sich keine Zeitgrenze, sondern schreiben drei Seiten in ihrem Heft und hören dann auf.

Manchmal, nicht immer, setzt sich beim Schreiben ein Gedanke, wie eine Meise, die sich ausruht. Dann halte ich inne und bleibe beim Thema, entfalte es, spreize die Flügel, putze das Gefieder, und wenn ich fertig bin, fliege ich weiter. Nächstes Stöckchen, nächster Grashalm, nächstes Thema.

So gehe ich probehalber mal in diesem Blog vor. Kein festes Thema, sondern eine Frage zu Beginn, und ich fliege los. Und siehe da, der Text ist beinahe von selbst entstanden.

Zum Schluss gestatte ich mir noch einen Hinweis auf ein Buch von Haruki Murakami: „Wovon ich rede, wenn ich vom Laufen rede.“ Murakami schreibt meist Romane, in seinem Sportmemoir verrät er uns, warum es ohne intensives Laufen kein Schreiben für ihn gäbe.

Da ist er in guter Gesellschaft. Auch Virginia Woolf, Robert Walser oder Peter Handke erliefen sich ihre Themen. Das nennt man dann Peripatetik. Fürs Gehen und Schreiben gibt es also ein Wort, fürs Fliegen und Schreiben darf man es noch erfinden. Aber das ist nun wirklich ein neues Thema, bei dem ich mich vielleicht das nächste Mal länger aufhalte …

Guten Flug mit vielen kreativen Pausen, wünscht Euch Eure Birgit

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