Die magischen Drei

Welche drei Aufgaben möchte ich heute unbedingt erfüllen, damit ich abends zufrieden ins Bett gehen kann?

Diese Frage ist mein persönlicher Bestseller. Sie funktioniert. Immer öfter. Sie macht mich glücklich. Immer öfter. Sie hilft mir aus dem Hamsterrad einer berufstätigen Mutter mit zwei Kindern, mit Hund, Haus und Mann, der häufig auf Reisen ist.

Genauer gesagt: Glücklich macht mich nicht die Frage, sondern die ehrliche Antwort darauf. Zufrieden macht mich die Einsicht, dass ich heute nicht alle 1999 Items meiner ständig wachsenden To-Do-Liste abarbeiten kann. Gelassen macht mich die Begrenzung auf drei Angelegenheiten, Notwendigkeiten, Pflichten, die mir heute wirklich am Herzen liegen.

Gestern erhielt ich ein Buch geschenkt, mit dem viesagenden Titel: „Overwhelmed“. Darin beschreibt Brigid Schulte, wie sie täglich von ihren Pflichten überwältigt und aufgefressen wird. Ob und welchen Ausweg sie findet, schreibe ich Euch, wenn ich das Buch zuende gelesen habe.

Bis dahin teile ich meine kleine Weisheit mit Euch: Drei Aufgaben, drei Herzensangelegenheiten am Tag. Mehr nicht. Was darüber hinausgeht, ist Kür.

Drei Dinge finden und möglichst tun. Was so einfach klingt, ist gar nicht so einfach. Weil häufig Kopf und Bauch miteinander im Clinch liegen. Und weil Menschen Ansprüche an uns stellen – die wir vielleicht gar nicht erfüllen wollen?

Meine Kollegin DieReiter.at rät Ihren Coachees, auf Ihren Bauch, auf Ihre Intuition zu hören. Intuition, diese Ressource in uns beruht auf unserer Erfahrung, auf Wissen, das nicht im Kopf, sondern eben im Bauch oder anderswo im Körper gespeichert ist. In einem schlauen Bauch, der sich an das erinnert, was uns früher mal gut getan hat oder erahnt, was uns gut tun könnte.

Mir hilft manchmal das Herz aus der Patsche, als dritte Instanz. In Fällen, wenn Kopf und Bauch nicht zueinander finden. In meinen Morgenseiten lasse ich sie dann in einen Dialog treten und ihn lösen. Das dauert manchmal eine Seite, manchmal zwei, aber am Ende findet sich meist Lösung, die alle, vor allem mich, zufrieden stellt.

Kopf: Heute musst Du den ersten Abschnitt des Artikels schreiben, Du musst drei Interviewpartner anrufen und die Website aktualisieren. Du musst außerdem Wäsche waschen und aufräumen, im Haus sieht es aus, wie auf dem Hühnerhof. Da sind noch Termine zu machen, Emails zu beantworten, der Klempner kommt auch.

Bauch: Boah, ja Text schreiben wäre schon toll, aber Du hast ja gar keine Energie mehr, Du musst Dich ausruhen, damit ich nicht sauer werde. Was Leckeres zu Mittag kochen, damit Du gesund bleibst. Schön einkaufen, möglichst frisch und dafür auf den Markt gehen. Und am besten gleich noch vorkochen, das wäre ideal.

Herz: Okay, Ihr beiden. Alles schaffen wir heute nicht. Also, Euch beiden ist es wichtig, ein Stück Text zu produzieren. Das lass uns noch vor dem Mittag essen angehen. Dann verbrauchen wir das Tiefkühlgemüse für ein leckeres Curry, das spart den Einkauf. Und wenn nach einem Interview – nicht etwa dreien – noch Zeit ist, waschen wir eine Ladung Wäsche. Das reicht. Macht Ihr mit?

Drei Aufgaben – Text, Tiefkühl-Curry, eine Ladung Wäsche – das sind Dinge, die heute einem tiefen inneren Bedürfnis entspringen. Aus drei ganz unterschiedlichen Lebensbereichen – Arbeit, Gesundheit, Familie. Mit diesen Aufgaben kann ich heute Abend zufrieden sein. Und selbst wenn nur eine oder zwei der drei Sachen gelingen, bin ich noch gut drauf.
Möglicherweise werde ich damit nicht CEO einer internationalen Firma. Ausgeschlossen ist es aber nicht:

Lauren Appelbaum, promovierte Psychologin und Coach in L.A. arbeitet mit dem von ihr entwickelten Complete Life Approach. Ihr Angebot wendet sich an Firmen und ihre Mitarbeiter auf allen Gehaltsstufen. Entscheidend für diesen Ansatz ist, dass Menschen Privatleben und Arbeit gleichermaßen wichtig nehmen und so – aus dem Bauch heraus – dafür sorgen, dass kein Feld, keine Aufgabe, kein Wunsch zu kurz kommt.

Burnout ist das Wort, mit dem Menschen heute ihre seelische und körperliche Erschöpfung beschreiben. Meist in folge mangelnder Wertschätzung, nicht allein, weil der Workload zu groß war. „Mein Zusammenbruch“, sagte dazu eine Freundin, die häufig mehr als zehn Stunden schafft, um 23 Uhr noch berufliche Emails beantwortet und in Albträumen die Krisen im Büro zu lösen versucht. Ich weiß, dass auf ihrer täglichen Liste weit mehr als drei Aufgaben stehen. Kommt sie auch zu jenen, die ihren tiefen inneren Bedürfnissen entsprechen?

Dabei kommt es nicht auf die Zahl an, sondern auf die Haltung: Es gibt Grenzen, es gibt Prioritäten und es gibt nur ein Leben. Das ist die Quintessenz vom Complete Life Approach. Wer danach arbeitet und lebt, wäscht vielleicht an einem Tag zuerst mal die Wäsche, und vertagt den wichtigen Artikel auf morgen, weil er oder sie mit sauberer Wäsche aus irgendeinem Grund einfach produktiver sein kann und weil das für das Glück am Abend wichtig ist.

Prioritäten so zu setzen – nämlich nach Rücksprache mit Kopf, Bauch und Herz – fühlt sich möglicherweise ungewohnt an und manchmal auch falsch – weil Menschen um uns herum nicht drei, sondern dreihundert Dinge am Tag gleichermaßen wichtig finden und zu schaffen scheinen.

Für heute lasse ich die Menschen einfach machen. Und wende mich meinen drei wichtigsten Aufgaben zu. Morgen, in den Morgenseiten schreibe ich dann darüber, wie es mir ergangen ist. Ich ahne: Ich werde ziemlich zufrieden sein.

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