Verstreut

Am Sonntag vor einer Woche war das Handy weg. Verschwunden. Das Diensthandy, mit allen Adressen, Telefonnummern, den Terminen, Apps, Gimmicks und Weckereinstellungen, die mein Mann so zum Leben braucht. Katastrophe. Auch nach zwei Stunden Suche: Handy unauffindbar. Der Schuldige ist dagegen schnell ausgemacht. Unser Sohn. Er hat schon zwei I-Pads auf dem Gewissen, weil Apple-Geräte Stürze vom Hochbett einfach schlecht wegstecken. Blöde Sache das.

Sehr blöd. So fühlte ich mich auch, als mein Sohn und ich nach drei Stunden weinend in der Küche saßen und ich zerknirscht Abbitte leistete.

Blöd. So fühlte ich mich, weil ich es gewesen war, die das Handy verbaselt hatte – gegen alle Gewohnheiten und gegen meine prinzipielle Überzeugung, die ich den anderen gern predige: „Leg die Sachen dahin, wo sie hingehören“. Ich hatte diesmal das Handy nicht auf den Tisch, sondern – in aller Eile nach einem Telefonat in der Küche – auf den Standmixer gelegt. Fragt mich nicht, warum. Der Standmixer hat einen schwarzen Deckel so wie das Handy, das dazu halb in den Mixer mit seinen scharfen drohenden Klingen hineingerutscht war. Darum hatten wir es auch bei der vierten Runde Suchen in der Küche nicht gesehen. Blöd, aber das sagte ich bereits.

Ein Tag später auf dem Weg ins Bad zum Kinderduschen. Ich: Machst Du schon mal Salat? Nach drei Minuten, mein Mann: Wo ist der denn? Ich: Im Kühlschrank. Er: Nein, da ist er nicht. Ich: Da war er vorhin aber noch.

Ich hatte recht, wie ich am nächsten Tag feststellte, als es Fischstäbchen geben sollte und ich den Salat kunstgerecht eingefroren im Tiefkühlfach fand. Von mir eingefroren. Wirklich blöd, dachte ich.

 Und das dachten auch eine Freundin, zwei gute Bekannte und die Patentante meines Sohnes, weil ich die jeweiligen Verabredungen durcheinander gebracht hatte. So durcheinander, dass ich das nicht in vernünftiger Textlänge schildern kann. Nur soviel: Die Patentante stand vor der Tür, um Max zum vor Monaten verabredeten Ausflug abzuholen und der Junge war nicht da. Blöd? Das ist gar kein Ausdruck.

Ich will Euch nicht weiter langweilen. Heute ist mir bislang nur die Orangenmarmelade (die ich als Kuchenglasur benutzen wollte) beim Erhitzen in der Mikrowelle explodiert, die nun wiederum aussieht wie, ich weiß nicht … Blöd irgendwie.

 „Ich bin ein bisschen verstreut“, habe ich gestern einsichtig zu meinem (mich trotzdem liebenden Mann) gesagt und er hat gelacht. Glück gehabt.

0 Kommentare zu „Verstreut“

  1. Liebe Birgit, du hast nach all den intensiven Mühen mit deinem Buch zu deinem blog zurückgefunden! Das freut mich sehr für dich! Offensichtlich ist wieder etwas Muße da. Und tausend Dank für Wangerooge, es war inspirierend und einfach wundervoll! LG von G.F.H.

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