So lautet der Spruch auf einer Karte, die meine Freundin R. aus W. gestaltet hat. R. meint, dass wir aus allem, was uns widerfährt, etwas machen oder lernen können. Wie gesagt: Nichts ist für Nichts. Etwas blumiger könnte frau sagen: Wir können auch aus Dreck Gold machen. Oder zumindest Kupfer. Oder Sand?
„Nichts ist für nichts“ erinnert mich außerdem an eine Tätigkeit, mit der ich so meine Probleme habe. Sie wird in den Niederlanden praktiziert und heißt dort „niksen“. Auf Deutsch wäre das so etwas wie Nichtstun oder wahlweise süßes Nichtstun, das ganz handfest als Nomen daher kommt. Niksen dagegen ist ein Verb und meint unter anderem, dass frau alle Fünfe gerade sein lässt, auf dem Sofa sitzt oder aus dem Fenster schaut, chillt oder etwas nur zum Spaß, in absichtsloser Manier betreibt. Und das mit voller Absicht.
Wer „niksen“ kann, ist also ein professioneller Müßiggänger. Er oder sie hat’s drauf mit dem Nichtstun. Er schafft es, nichts zu tun, und sich von allen sinnvollen Tätigkeiten zu distanzieren. Das wiederum ist dann sehr sinnvoll, weil es Erholung verspricht, eine Auszeit, Auftanken, Abschalten, zu sich kommen. Das kleine Paradies im Alltag.
Also habe ich mich heute entschlossen zu niksen. Nichts zu tun, was sinnvoll oder für die Arbeit ist. (Ist Blog schreiben nun Arbeit? Es ist auf jeden Fall nicht nichts, und so ahnt ihr bereits, dass es mit dem Niksen nicht wirklich was geworden ist bei mir.)
Ich habe mich redlich bemüht und mich extra noch einmal umgedreht, als der Wecker klingelte. Doch dann wollte ich so gern meine Freundin zur Bahn bringen und sie sollte vorher unbedingt noch einen Kaffee bei mir bekommen. Und weil es sich anbot, habe ich dann den Hund gleich mit zur Haltestelle genommen. Um dann eine Runde mit ihm durch den Park gedreht.
Ist das nun noch niksen?
Oder war es beim Kaffee-Kochen schon vorbei damit? Was darf eine, die nikst, und was nicht? Spazieren gehen? Bäume gucken? Und was ist mit den Ideen für Artikel, Blog-Beiträge, Anrufe und To-Dos, die meinen Kopf durchströmen, der doch niksen, also leer und untätig sein sollte. Das Gegenteil ist der Fall: Die Gedanken purzeln wild durcheinander und finden erst eine Ordnung, wenn ich, wie jetzt, zu schreiben beginne.
Was mir dagegen partout nicht klar werden will, ist, wie ich zur vollsten Zufriedenheit niksen könnte. Was gehört dazu und was nicht? Ist fernsehen „niksen“? Ein Buch lesen? Entscheidet das Genre, ob es ein Buch zum Niksen ist oder nicht? Roman ja, interessantes Fachbuch nein? Und wie ist es mit haushaltlichen Tätigkeiten: Abwaschen, finde ich, ist kein Niksen, Kuchenbacken dagegen, könnte als Niksen durchgehen, weil ich es gern tue.
Ist niksen womöglich etwas, was frau mit dem Alter verlernt? Mein Youngster Max, 13 Jahre, nikst problemlos und stundenlang auf dem Sofa – allerdings hat er dabei oft ein Handy in der Hand oder „Brooklyn 99“ flimmert über den Computerscreen.
„Macht doch einfach mal gar nix“,
rät mir mein Mann, wenn ich zwei Wochenenden durchgearbeitet habe und mir die Glieder wehtun (wie zur Zeit). Auch er kann das mit dem Sofa-Liegen. Was gegen die Theorie spricht mit dem proportional zum Alter abnehmenden Nixen. Muss ich also auch aufs Sofa? Und wenn ja, mit oder ohne Handy?
Ich brauche also eure Hilfe: Wie geht niksen? Was tut oder lasst ihr, wenn ihr euch dazu entscheidet? Wie fühlt es sich an? Was ist vorher, was währenddessen und was danach? Und schließlich: Lohnt es sich? Oder ist Niksen doch nix?
Auf Eure Antworten freut sich
Birgit
Ein wunderbarer Platz zum Niksen ist für mich mein Hängesessel auf Balkonien. Dort kann ich wunderbar mit
der Seele baumeln mit geschlossenen Augem oder meine Blicke einfach absichtslos schweifen lassen. Und mit dem Kater kuscheln empfinde ich auch als Niksen ⬛❤
Liebe Grüße Beatrice
Oh ja: Hängesessel & ein Katzentier als Niks-Coach wünsche ich mir manchmal auch 🙂
Liebe Gerlinde, danke! Und schön, von dir zu lesen. Vielleicht finden wir ja Anregungen bei einer Veranstaltung, die ich dir (und allen Natur liebenden Journal Schreiber:innen) schon lange einmal empfehlen wollte. Symposium Nature Writing in Hückeswagen am Fritz-Perls-Institut. Schau mal hier: https://www.eag-fpi.com/wp-content/uploads/2022/02/DGPT-Tagung-2022-Programm.pdf
Ich nikse am liebsten & besten liegend. Im Sommer funktioniert es wunderbar im Freien, den Rücken geerdet am Strand, auf der Liegewiese, auf Holzplanken am Steg, die Augen Richtung Himmel, den Wolken bei ihren Wandlungen zusehen. Oder in der Hängematte zwischen Licht & Schatten wiegend dösen bis der Kinnladen der Schwerkraft folgt …
Wenn gerade nicht Sommer ist, dann nikse ich im Bett & nenne es Inkubationsschlaf oder Nachmittagsschläfchen oder Siesta oder ….
Erstaunlich: sobald ich Power-nap sage, schrumpft der Niks-Faktor enorm.
Liebe Gerlinde, wie hilfreich diese Beobachtung doch ist: „Erstaunlich: sobald ich Power-nap sage, schrumpft der Niks-Faktor enorm.“
Das geht mir genauso: Niksen funktioniert, wenn es zumindest scheinbar absichtslos ist und keine Produktivität oder ein Gewinn damit verknüpft ist (außer Wohlbefinden vielleicht).
Worte machen auch bei mir den Unterschied!
danke, liebe beatrice, das ist schon mal eine echte alternative zum sofa! hängematte und kuscheln mit dem haustier kommen auch auf meine liste fürs ‚niksen‘! liebe grüße!
Liebe Schreibfreundinnen,
ich kann das gar nicht, das Niksen, man kann sagen, ich habe es nicht gelernt oder vielleicht auch verlernt, denn als Kind habe ich sicher auch genikst, jedenfalls habe ich eine wohltuende Grundahnung davon.
In meinem Erwachsenen-Leben dagegen fühle ich mich immer für das Gegenteil belohnt, das was Birgit mit dem Kaffee-Kochen, Bahn-Bringen, Hunderunde-Drehen beschreibt, also das Multitasking.
Enthält nicht „Nichts ist für nichts“ auch diesen utilitaristischen Hauch, dass alles was wir tun einen Sinn haben soll und je mehr Sinnvolles wir tun, desto besser können wir vor uns bestehen?
Ich möchte auch gerne öfter in die Luft-Gucken. Danke, Birgit, für den schönen Impuls!
Tja, muss alles einen Sinn haben? Es ist eine Kunst, absichtslos zu sein und dahin zu treiben, ohne Ziel. Unsere Sozialisation macht es uns sehr schwer, diese Kunst zu pflegen. Hier ein Zitat, das mich zum Üben inspiriert, aus dem Buch „Der Unendliche Augenblick“ von Nathalie Knapp: „Und doch ist es eben nicht die zukünftige Regenerationsrendite oder die Glücksrendite oder die Liebesrendite, die solche Momente (absichtslosen Seins, B.S.) kostbar macht, sondern die Schönheit einer renditefreien Gegenwart. Als zugleich zartester und kraftvollster Ausdruck des Lebens erfüllt sie uns mit Freude.“ In diesem Sinne: Einen fröhlichen Tag für alle, die dies lesen.
Vielen Dank, liebe Birgit, für dieses wunderbare Zitat! Wie schön ist es formuliert, auf welch heitere Weise hilft es, die Absichtslosigkeit als wertvoll zu begreifen.
Da mach ich mich doch gleich mal ans Üben, beim Blick aus dem Fenster aufs Meer.
Merci beaucoup
Felicitas