„America“ ist nebenan

Es ist halb zehn Uhr abends, ich sitze im Intercity und fahre nach einem Date mit einer meiner Freundin K. nach Hause. Mir geht’s gut. Und das war heute schon eindeutig anders.

Vorhin, um halb fünf Uhr nachmittags zum Beispiel, als ich mich vom Schreibtisch loseiste, um den Zug in die Nachbarstadt zu erwischen, hatte ich das selbstgesetzte Pensum für den Tag noch lange nicht geschafft. Kein gutes Gefühl. Zeit für meine Tochter hatte ich an diesem Tag auch nicht erübrigen können, und als sie jetzt zu mir ins Arbeitszimmer kam, musste ich sie auch noch abfertigen mit: „Sorry, Schatz, ich muss zum Zug“. Auf dem Fahrrad hatte ich dann umso mehr: Kein gutes Gefühl.

Und dann, dann kam ich nach „little America“ und alles wurde gut.

Meine Freundin K., die ich dort traf, stammt aus Massachussetts. Wir lernten uns kennen, als wir gerade im Heimatland der jeweils anderen ein Fulbright Stipendium absolviert hatten (das verbindet) – also vor sehr, sehr langer Zeit. Seit dem sind wir richtig gute Freundinnen und füreinander so was wie Familie. Und darüber hinaus ist K. noch dies: Sie ist die Frau, die mir eine wohltuende Dosis des amerikanischen „Way of Life“ verabreicht, wenn ich ihn brauche – ein bisschen mehr Optimismus als wir Deutschen uns erlauben, eine Prise mehr Pragmatismus und einen Schuss Leichtigkeit gepaart mit Humor. Sie kann sich der deutschen Ernsthaftigkeit natürlich nicht gänzlich entziehen, aber ihre kulturelle Gabe wird sie nie verlieren.

(Die Kehrseiten des American „Way of Life“ kenne ich auch – nicht nur aus eigener Anschauung – ich habe mal drei Monate in einer FoodBank im Armenviertel von Newark mitgeholfen. Aber das ist another story. Eines ist für mich unbestritten: Der Alltag ist mit den oben genannten Ingredienzen oft „a lot more fun“.)

Zu K. fuhr ich also heute, um für ein paar Stunden ohne Kinder, Hund und ja, auch mal ohne Ehemann wieder in Ruhe von Frau zu Frau, von Mutter zu Mutter zu reden. „Wir reden uns“, ist eines der geflügelten Worte, die K. vor vielen Jahren mal kreiert hat, als sie Deutsch noch nicht ganz so perfekt beherrschte wie jetzt. Ein anderes ist ihr „Nimm zu“ anstelle von „Greif zu“, über das ich noch immer lachen muss, wenn sie mir an der Kaffeetafel ein Stück Torte auftut.

Bald  kamen wir gestern zum „serious stuff“, den schwer verdaulichen Dingen, die das Leben uns serviert, und an denen wir lange zu kauen und noch länger zu verdauen haben. Allerdings taten wir das in einem loftähnlichen Restaurant mit Blick auf die City und mit einem ausgesprochen guten Grauburgunder auf und einer etwas griesgrämigen männlichen Bedienung neben unserem Tisch.

Unser „talk“ wurde nach und nach immer, you know, intensiver, some of it was in English, and some of it was – due to my lack of words or just for convenience’s sake –gelegentlich auch auf deutsch.

Switching to another language proved to be really helpful in respect to some of my issues. Ich hatte das schon vorher beobachtet, Dinge in Englisch, Niederländisch oder ganz früher (als ich es noch beherrschte) in Französisch auszudrücken, lässt mich andere Facetten einer Erfahrung, einer Person, eines Problems sehen. Und manchmal sehe ich sogar eine Lösung. Im Coaching heißt das dann Perspektivenwechsel oder manchmal auch Reframing.

Eine dieser Lösungen ist für mich, not to wait too long for another date with K. And to visit my little America and my cherished friend rather sooner than later. Compared to a plane ticket the fare is cheap (around 12 bucks) and the journey short (about half an hour). In a nutshell: it’s really worthwile.

Why? Let me quote K. who said: If mother is happy, the family is happy.

And this is my Erkenntnis for today: Sometimes it’s good to skip professional and motherly duties to just have a bit of fun. Tomorrow morning my kids will find a mother in good spirits. And as to my work – a healthy dose of „easy does it“ and „let’s play it by ears“ will help me finish it sooner than I think.

Zum Schluss eine Frage für Euch, die Ihr gern auf Deutsch schreibend oder im Geiste beantworten könnt: Wo liegt eigentlich Euer „little America“?

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