Sich frei schreiben

Sich frei schreiben – von allen Sorgen, Problemen, störenden Gedanken, ach, das wäre schön.
Die Methode der Wahl ist hier das Freewriting, das freie Schreiben. Das ist wörtlich gemeint, denn beim Freewriting strömen Gedanken, Gefühle, Erinnerungen, Szenen, Bilder, Ideen, Pläne und Träume auf das Papier – grad so, wie einem in den Kopf kommen.

Stift aufs Papier und los schreiben, am besten ohne Punkt und Komma, ohne auf Rechtschreibung und Grammatik zu achten, ohne zurück zu lesen, um zu korrigieren, und möglichst so rasch, wie die Gedanken fließen. Ganz wichtig bei all dem ist, sich eine Grenze zu setzen. „Der Wecker wird ihr wichtigstes Handwerkszeug“, sagt Mark Levy, Verkäufer, wie er sagt, aber vor allem Autor von „Geniale Momente“. In diesem Buch behauptet er etwas sehr vollmundig, dass wir unser Denken durch tägliche Aufzeichnungen revolutionieren können.

Levy verspricht zu Beginn, dass er sechs Geheimnisse enthüllen werde, die zu den besagten revolutionären Ergebnissen führen. Wer selbst gern und oft frei schreibt, erkennt allerdings rasch: Bis auf das sechste Geheimnis handelt es sich samt und sonders um die Vorgaben für das Free Writing. Auch das sechste Geheimnis ist in Wirklichkeit keines, sondern entspricht einer beliebten Aufforderung im Coaching: Betrachte Dein Thema probehalber mal von einer anderen Warte aus und lass Dich von der neuen Sicht überraschen.

Als nächstes macht Levy in zwölf Kapiteln Vorschläge dafür, welche Fragen Freewritings leiten können, damit wir geniale Momente erleben. Darunter ist dieser Hinweise in Kapitel 18: „Picken Sie Rosinen aus Fachbüchern.“ Gemeint ist etwa, dass wir beim Lesen von Büchern Notizen an Stellen kritzeln sollen, die uns wichtig erschienen.

Das macht natürlich Sinn. Also picke ich hier für Euch mal eine Rosine aus seinem Buch. Sie ist in Kapitel 14 zu finden, wo es heißt, wir sollten „mit dem eigenen Problem spielen“:

„Warum? Weil wir alle unsere bewährten Methoden haben, um Probleme zu lösen. Sie funktionieren meistens – nur eben dieses eine Mal nicht“ (Levy, S. 119).

Im nächsten Schritt ist Levys Schreiben dann wirklich befreiend: Er fordert dazu auf, unbändig zu übertreiben. Diese Methode „verlangt Verspieltheit, Gedankenreichtum und die Gabe, eine Idee bis zu ihrem logischen Schluss zu verfolgen. Wenn Sie während diesem Schritt nicht lachen müssen, haben sie ihn nicht korrekt ausgeführt.“

In meinem Selbstversuch schrieb ich darüber, wie ich in Zukunft mit möglichst wenig Aufwand zu genug Zeit und viel Geld für tolle Urlaube mit meiner Familie kommen könnte. Ich schrieb darüber an einem See in Kakeldüt (ja, diesen Ort gibt es wirklich), bei 30 Grad und mit Blick auf einen Natursee, während vor mir unter dem Campingtisch eine Horde Meisen, Rotkehlchen und andere Vögel herum hüpften, um von den Frühstücksresten zu profitieren.

„Was wäre das Großartigste das passieren könnte?“ Meine Antwort: „Ich muss nie wieder mühsam Akquise betreiben, die Menschen kommen einfach so zu mir. Ich mache die Arbeit zum Urlaub und gebe nur noch die Kurse, die mir wirklich Spaß machen, in denen ich mich zusammen mit den Kursteilnehmern erhole und entwickle. Außerdem verdiene ich dabei so viel Geld, dass ich bald gar nicht mehr arbeiten muss. Ich tue, was mir Spaß macht, ich koche viel, schwimme jeden Tag und spiele mit den Kindern. Außerdem haben wir einen Hund, mit dem ich täglich eine Stunde in den Park gehe und einmal wöchentlich in die Hundeschule.“

Und so ging es in meinen Schreibträumen weiter. Beim Lesen meiner Aufzeichnungen stellte ich dann Revolutionäres fest, na ja, beinahe jedenfalls:
Tatsächlich bin ich meinen Traumzielen bereits verdammt nahe: Ich nehme nur Aufträge an, von denen ich glaube, dass Sie Spaß machen und dass ich etwas Spannendes Neues erlebe. Oft rufen Menschen an, um mich nach Angeboten und Kursen zu fragen, ich mache tatsächlich nicht viel Akquise. Ich koche, spiele mit den Kindern und schwimme, wann immer ich Zeit und Lust habe. Genug Geld für tolle Urlaube? Nun, der kurze Urlaub in Kakeldüt in Mecklenburg-Vorpommern hat mich in eine andere Welt entführt und war denkbar preisgünstig. Besseres Wetter gab es auch am Mittelmeer nicht – noch dazu war das Wasser wohl sauberer. Und wenn ich in Zukunft doch mal einen fünf-Sterne-Wochenende brauche, finde ich mit Mark Levys Aufzeichnungen sicher einen revolutionären Weg.

Das einzige, was noch fehlt, ist der Hund.

Schließlich hat mich folgender Satz des Autors mit seinen vollmundigen Versprechen aus dem Buchtitel versöhnt:
„Wann immer Sie spüren, dass bei ihren persönlichen Aufzeichnungen etwas Wichtiges geschieht, lassen Sie Zeitplan und Struktur sausen und folgen Sie diesem Gedanken. Halten Sie sich stets vor Augen, dass Sie beim Schreiben sehr viel Spielraum haben. Wenn Sie etwas als Einschränkung empfinden, lassen Sie es.“

In diesem Sinne – ich wünsche Euch heute viel Spielraum bei allem, was Ihr Euch vornehmt.

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