Nichts zu meckern

Wir haben ein neues Haustier, es ist gelb-rot-grün-blau und heißt Lula. Lula ist eine Porzellan-Kuh und steht seit vorgestern mitten auf unserem Küchentisch. Sie macht sich dort gut  – und  nützlich. Lula hat bei uns einen wichtigen Job.

Der Morgen, bevor Lula zu uns kam:  „Papa meckert schon wieder“, beschwert sich Carlotta. „Du bist wieder patzig“, meckert er zurück. „Ich wiiiiill endlich Kakaaaaooo“, jammert Max. „Max hör auf zu jammern, das nervt“, meckere ich und zu Carlotta: „Deine Schuhe liegen schon wieder im Flur – wegräumen, sofort“.

Dieser Austausch findet in ähnlichen Varianten täglich statt. Und ich muss sagen: Er nervt – fast so sehr wie die kleinen Sünden, die wir einander vorwerfen. Vor zwei Tagen hatte ich die Nase voll und die Idee mit Lula. Die hatte bis dahin ganz eingestaubt  in meinem Schrank ein trostloses Dasein gefristet.

„Ab jetzt werfen Papa und ich drei Euro in die Kuh, wenn wir was tun, was alle nervt, Carlotta wirft  fünfzig Cent in die Kuh, wenn sie patzig mit uns spricht und Max, der hat am wenigsten Taschengeld, wirft zwei Cent rein, wenn er  jammert.“

Alle waren einverstanden – ein Zeichen dafür, wie sehr die ewig-gleichen Auseinandersetzungen uns alle ärgern.

„Für was soll ich denn nun etwas in die Kuh werfen? Was nervt Euch an mir?“, fragte ich und wappnete mich innerlich gegen die Vorwürfe, denen ich gerade Tür und Tor geöffnet hatte. Ich  wartete. Nichts. Alle still.

„Da ist nichts, Papa fällt Dir was ein?“, fragte Carlotta nach zwei langen Minuten. „Nee, mich stört nichts an meiner Frau“. Ich schluckte vor Rührung und wandte mich an meinen Sohn: „Max, für was soll ich Geld in die Kuh tun?“. Der kaute stumm weiter seine Cornflakes.

Jetzt war ich wirklich irritiert. Nervte meine Meckerei nicht? Mein: „Ich muss noch schnell meine Morgenseiten zu ende schreiben, dann mach ich Dir Frühstück“. Mein: „Keine Süßigkeiten mehr – es gibt jetzt Obst“. Ganz abgesehen von „Zimmer aufräumen!“, „Zähne putzen!“, „Hände waschen!“.
Jede Mutter nervt, was machte ich bloß falsch? Ich wurde unruhig.

„Ihr könnt heute ja mal intensiv darüber nachdenken und dann sagt ihr mir Bescheid, wenn Euch was einfällt“, sagte ich.

Seit dem sind zwei Tage verstrichen – niemandem ist etwas eingefallen.

Und Lula langweilt sich. Die Schuhe liegen seit vorgestern an ihrem Platz, Max hat vergessen zu jammern und Uwe ist ein Modell für väterliche Ausgeglichenheit und Humor.

Und ich, ich frage mich wirklich, was ich als Mutter und Ehefrau falsch mache. So perfekt kann niemand sein. Das ist nicht normal. Bin ich etwa harmoniesüchtig? Nicht streng genug? Gefährde ich die seelische Gesundheit meiner Kinder? Ich denke ernsthaft darüber nach, mir ein paar schlechte Angewohnheiten zu zu legen.

Schon um Lulas Willen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Das ist die Frage, die uns in diesem Sommercamp besonders beschäftigen wird! Um sie zu beantworten, wollen wir nach Herzenslust fabulieren, fantasieren und Geschichten zu schreiben, die uns unserer Version von Freiheit näher bringen.

Im Sommercamp teile ich deshalb Schreibeinladungen und Imaginationen für drei entspannte Urlaubswochen. Nutze sie, wo immer du möchtest, zu Hause, am Strand, in den Bergen oder anderswo und erlebe jeden Tag ein bisschen deutlicher, wie sich Freiheit anfühlen kann!

Auf in einen wonnevollen Schreibsommer!

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