Eigentlich …

… wollte ich Euch heute die gesundheitsfördernde Wirkung von Gruppen näher bringen – für den Fall, dass Ihr noch nach einem guten Vorsatz für 2016 sucht.

Es gibt Studien, die zeigen, wer im Sportverein turnt, im Kirchenchor singt oder sich in der Gewerkschaft engagiert, ist gesünder, erholt sich nach Krankheiten schneller, lebt zufriedener und kann deshalb – im Falle der Gewerkschafter – sogar auf eine Gehaltserhöhung verzichten.

Letzteres ist gar nicht zynisch gemeint, sondern illustriert, dass die Mitgliedschaft in Gruppen einige grundlegende psychische Bedürfnisse befriedigen kann.

Das Ganze klappt natürlich nur in funktionierenden Gruppen, in denen nicht Hauen und Stechen herrscht (es sei denn, man ist Mitglied im Fechtclub). Das Schreibgruppen ganz wundervolle Orte ohne Hauen und Stechen sein können, schrieb ich in einem der vergangenen Blog-Beiträge bereits.

… dann hatte ich vor, Euch über die reinigende Wirkung des Aufräumens zu erzählen. Das tue ich gerade und finde allerlei alte Briefe und Karten, die mich zum Lächeln und Weinen bringen. Und ich finde auch unnütze Kopien und Broschüren, die mit einem eleganten Wurf im Papierkorb landen. Das befreit ungemein.

… beim Aufräumen fand ich ich eine ältere Kolumne von Martenstein (DIE ZEIT, 26.11.2015). Ich las und schlussfolgerte:  Der beste Vorsatz für 2016 ist, alles Ungemach mit einem Augenzwinkern zu betrachten – so wie etwa Kolumnenschreiber, und -schreiberinnen.

Letzteres kann äußerst nützlich sein. Peinliche Patzer werden mit dieser Lebenshaltung zum Stoff für Anekdoten, die bei der nächsten Party den Smalltalk leichter machen. Ganz abgesehen vom eigenen Leben.

Ihr verzeiht mir vielleicht, dass ich nun kurz auf das Ende des Lebens zu sprechen komme, was ja am Anfang eines Jahres, ganz unpassend erscheint.

Es liegt an der bereits erwähnten Kolumne von Martenstein, der immer weichherziger wird – seit er im fortgeschrittenen Alter noch Vater eines Kindes wurde. Dieses Phänomen, das Männer ihr Herz und die wirklich wichtigen Themen des Lebens entdecken, wenn sie Kinder bekommen, habe ich schon in meiner Lehrzeit an einer Tageszeitung kennen gelernt.

Ein Ausbildungsredakteur war für seine scharfzüngigen Kommentare bekannt – und er warf im Spaß auch schon mal mit dem Typometer (traditionelles Zeilen-Messwerkzeug) nach Volontären. Kaum war dieser Redakteur zum ersten Mal Vater, da schrieb er die süßesten Kommentare: über die sterbende Natur und unsere Pflicht, die Welt für unsere Nachkommen zu erhalten. Ich war gerührt.

Wie jetzt bei Martenstein, dessen Alter sich am Verweis auf Muhammad Ali ungefähr ablesen lässt. Er bearbeitet seine eigene Todesangst mit Humor (auch wenn er das vielleicht nicht zugeben würde). Martenstein schreibt:

„Noch ein Jahr. Und wieder eins. Noch eine Runde überstanden. Der Tod schlägt immer nur auf die Deckung, er kommt einfach nicht durch, wie George Foremen im Kampf gegen Muhammad Ali. Sicher, am Ende verliert man, aber man kann einen großen Fight abliefern.“

Wer so am Leben hängt und darum kämpft, genießt es, liebt es, zelebriert es. Jedes verbleibende Jahr. „Warum warten, bis die Einschusslöcher näher kommen?“ (Zitat von meiner staubtrockenen und heiß geliebten Tante Anita). Recht hat sie.

Ich möchte mich im Jahr 2016 immer wieder daran erinnern, dass es die scheinbar kleinen Dinge sind, die zählen. Weg mit den überhöhten Erwartungen und hehren Zielen, die man erreicht oder eben auch nicht. Her mit dem Leben.

Oder wie Martenstein sagt:

„Da zu sein, einfach nur da zu sein, zu atmen, sich ärgern und freuen zu können, zu streiten und sich zu versöhnen, das ist Leben.“

 

 

 

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