„Gleich zum Mitschreiben: Tierische Geschichten“

Im Mai bin ich unerwartet in Spiellaune geraten. Das verdanke ich unserer Journal-Jahresgruppe, in der wir uns diesen Monat fragen: Wie schaffen wir uns Spielräume? Daraus hervorgekrochen ist … die folgende Anregung!

Richtig gelesen: Sie ist gekrochen.

Wer mag, kann sich jetzt schon Stift und Papier zurechtlegen und am Ende dieses Beitrags gleich mit dem Schreiben beginnen.

Der Protagonist dieser Schreibanregung ist eine Schnecke. Ein ganz und gar unprätentiöses Wesen, das ein Wunderwerk auf ihrem Rücken herumträgt. Das Haus ist bei vielen Schnecken nach der Fibonacci-Formel konstruiert, eine jahrhundertealte, mathematische Regel, die auch dem goldenen Schnitt, bekannt etwa in der Malerei, zugrunde liegt. Die mathematische Formel für den Bau des Gehäuses findet sich übrigens auch bei Muscheln, Tannenzapfen und Blüten, ist also eine in der Natur beliebte Leitlinie.


Außerdem hat die Schnecke faszinierende Lebensprinzipien. Ich stelle sie mir so vor:

„Eile mit Weile“ und: „Wenn es eng wird, zieh ich mich in mein sicheres Haus zurück.“

Das hat was, nicht?

Nun gibt es wundervolle Möglichkeiten, mir vorzustellen, wie ein Leben für mich nach dem Schneckenprinzip aussehen würde …

Doch vielleicht reizt Euch ja ein ganz anderes Tier und ein völlig anders geartetes Lebensprinzip?

Um das heraus zu finden, lade ich Euch ein, ein Bilderbuch mit Tierfotos zur Hand zu nehmen oder im Internet nach einheimischen oder auch exotischen Tieren zu googlen. Wenn Euch eines neugierig macht, clustert zu diesem Tier einmal alle Eigenschaften und Ideen, die Euch zu ihm einfallen. Das kann scheinbar unsinnig klingen, märchenhaft und nur Eurer Fantasie entspringen. Ihr wisst ja: Alles ist erlaubt.

Ein Beispiel von mir folgt – doch Eure Geschichten können natürlich ganz anders aussehen:

Ich habe da mal an eine Eule gedacht – in meinem Cluster tauchen Worte auf wie:

… hellsichtig, klug, gewitzt, nachtaktiv, Harry Potter hat eine, taktvoll, mit guter Übersicht …

Nun überlege ich, wie ich mein aktuelles Leben „eulenmäßig“ angehen kann.

„Mein Scharfsinn steht mir zur Seite, wenn ich jetzt von meinem Hochsitz aus beobachte, was da gerade in meinem Leben vor sich geht. Zum Glück rückt mir keiner so schnell auf die Pelle, ich lebe im Wald, hoch oben, und wenn mir jemand unangenehm nahe kommt, erhebe ich mich in die Lüfte und mache einen langen Schnabel. Das kann ich mir leisten. Abgehoben, finden mich deshalb manche. Schlau, sagen andere. Viele Wesen kommen gerne zu mir, um sich von mir beraten zu lassen. Und das mache ich fast so gern, wie mit den Fledermäusen um die Wette zu fliegen.

Dabei lasse ich mir auch selbst gern gute Tipps geben. Zum Beispiel von meiner Freundin, der Schnee-Eule. Ich werde gleich mal meine Flügel spreizen, mich in die Lüfte schwingen und zu ihr gleiten. Herrlich fühlt sich das an, mal weg von meinen Sorgen, die ich auf meinem Heimatbaum schon zehnmal hin- und hergewendet habe, hin zu einer neuen Warte, auf einen neuen Baum, in einem fremden Wald.

Als ich jetzt vor der Schnee-Eule meine größte Sorge auspacke, wirkt das Problem schon gar nicht mehr so bedrohlich, sondern glitzert vielmehr geheimnisvoll. Es mag am Schnee liegen oder an der guten Gesellschaft. Freundin Schnee-Eule hat es auch bemerkt und schmunzelt mich über ihre halben Gläser hinweg an. Es dauert drei Stunden, bis ich der kleinen Schlaumeierin aufgezählt habe, welche Tiere ich bis dato befragt, welche magischen Zirkel ich besucht und welche Tränke ich gebraut habe, um meine Lage zu verbessern. Alles ohne Erfolg.

Schnee-Eule lacht und aus ihrem Schnabel kommen bloß drei Worte: Zuviel ist Zuviel.

Meine Eulen-Augen werden so groß wie Storchennester, dann begreife ich. Zuviel ist Zuviel. Nicht immer mehr tun, mehr hören und sehen, sondern weniger, das ist die Antwort.

Statt nach Hause zurück zu fliegen, buche ich direkt eine Woche Urlaub im magischen Wald, und bevor Schnee-Eule und ich uns nach einer durchquasselten Nacht endlich unsere Gefieder zum Schlafen warm aufplustern,  haben sich meine Sorgen bereits zur Hälfte in zarte Neuschneeflocken verwandelt. 

So lautet meine Geschichte, nach deren Fertigstellung ich tatsächlich, wirklich, ganz echt fünf Tage auf Wangerooge gebucht habe. Ich bin fest davon überzeugt, dass das die Lösung für alle möglichen Sorgen ist … 

Und jetzt seid Ihr dran, wenn Ihr mögt. Das Rezept ist kurz und knackig: 

1.     Tier wählen
2.     Clustern
3.     Geschichte als dieses Tier schreiben und ein aktuelles Thema darin behandeln.

Have fun!

Das ist die Frage, die uns in diesem Sommercamp besonders beschäftigen wird! Um sie zu beantworten, wollen wir nach Herzenslust fabulieren, fantasieren und Geschichten zu schreiben, die uns unserer Version von Freiheit näher bringen.

Im Sommercamp teile ich deshalb Schreibeinladungen und Imaginationen für drei entspannte Urlaubswochen. Nutze sie, wo immer du möchtest, zu Hause, am Strand, in den Bergen oder anderswo und erlebe jeden Tag ein bisschen deutlicher, wie sich Freiheit anfühlen kann!

Auf in einen wonnevollen Schreibsommer!

1 Kommentar zu „„Gleich zum Mitschreiben: Tierische Geschichten““

  1. Was für eine zauberhafte Geschichte! Danke für die Anregung, ich bin gerade mit meiner Tochter in Tirol und Ende Juli flattern hier unzählige Schmetterlinge umher. Mal sehen was sie mir erzählen…

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