„Und wenn das fünfte Lichtlein brennt …“

… dann hast du Weihnachten verpennt“, gröhlten wir als Kinder zum Abschluss des unvermeidlichen Adventsgedichts, in der zagen Hoffnung, dass wir in den Augen der Erwachsenen rebellisch und verwegen erscheinen würden, ohne die geliebten Weihnachtsrituale zu gefährden.

Die sollten so üppig bleiben, wie sie seit Kindergedenken waren:

  • Märchenfilme im Fernsehen,
  • die bezuckerten, selbstgestochenen Plätzchen,
  • die tägliche Portion Schoko aus dem Kalender
  • und der Geschenke-Segen am Heiligen Abend. Da nahmen wir sogar das Weihnachtsessen mit Tante Traude und den Kirchgang in Kauf.

Diese Traditionen liebe ich heute so wie früher, auch wenn die Schoko nun mindestens 70 Prozent Kakao hat und die Plätzchen aus Dinkelvollkornmehl sind. Tante Traude kommt schon lange nicht mehr, dafür treffen wir Framilie = Freunde und Familie. So dass ich das Fest auch in diesem Jahr aus vollem Herzen herbeisehnte – C-Sorgen hin, Arbeit und andere Sorgen her.

Leider endete das genussvolle Warten aufs Christkind in diesem Jahr schon am 23.12. mit einer Bescherung:
39 Grad. Ungläubig hielt ich das Kunstoffinstrument in der Hand, das ich mir eben erst zum Messen ins Ohr gesteckt hatte. Fieber? Unmöglich, seit Jahren hatte ich noch nicht mal erhöhte Temperatur gehabt.

15 Minuten lang fürchtete ich, dass ich nun doch von C heimgesucht worden war, trotz Booster und Kontaktarmut in den vergangenen Wochen. Dann klingelte mein Timer und zwei parallel veranstaltete Schnelltests waren negativ. Dafür meldeten sich meine Eingeweide.

Es genügt wahrscheinlich, wenn ich sage, dass ich nicht das C- sondern das N-Virus erwischt habe. Mit wenig weihnachtlichen Folgen.

Also doch Quarantäne, um Kindern, Mann, Verwandten und Freund:innen das Weihnachtsessen nicht zu vermiesen. Das traditionelle Nichten-Verwöhnen am 1. Weihnachtstag sagte ich ebenso ab wie den alljährlichen Schmaus bei Freunden am 2. Weihnachtstag, deren vegane Kochkünste stets einen köstlichen Gegenpol zum ebenso köstlichen Gänsebraten am Vortag darstellen.

Kurz gesagt: Weihnachten und die lieb gewonnenen Rituale sind für mich ausgefallen.

„Und wenn das fünfte Lichtlein brennt, dann hast du Weihnachten verpennt.“ Treffender könnte ich es nicht formulieren, wie ich mich am Tag nach dem Fest nun fühle.

Zum Glück spüre ich auch etwas mehr gesunde Energie und habe kaum noch Temperatur. So dass ich jetzt auch die Geschenke erkenne, die ich anstelle der geplanten erhielt.

  1. Am heiligen Abend bescherte mir das Schicksal einen Serienmarathon, als ich in der ARD-Mediathek „Der Doktor und das Liebe Vieh“ entdeckte. Als Kind hatte ich James Herriot und seine Geschichten so geliebt, dass ich mit zwölf unbedingt Tierärztin werden wollte.
  2. Am ersten Weihnachtstag dämmerte und döste ich, wenn ich nicht las. Seit Kindertagen hatte ich mich einem Buch nicht mehr so hingegeben. So fühlt sich Leseglück an.
  3. Am zweiten Weihnachtstag konnte ich schon wieder für eine ganze Stunde in der Senkrechten verweilen, was Sohn und Mann nutzten, um mich ins Poker-Spiel einzuführen. Das professionelle Kartenset, schwere Casino-Chips und Kerzenlicht verwandelten die Küche in ein Hinterzimmer wie aus einem zwanziger Jahre Krimi. Genug, damit ich mich für Momente verrucht und verwegen fühlen konnte, fast so wie damals, als wir unseren ketzerischen Vers an das Adventsgedicht hängten:

„Und wenn das fünfte Lichtlein brennt …“

… dann lasse ich es jetzt brennen und mische die Karten. Und spätestens, wenn das sechste Lichtlein brennt, werde ich wieder ganz gesund und voll genussfähig sein. Plätzchen lassen sich auch nach Weihnachten noch backen. Mein Plan steht fest: Weihnachten wird nachholt. Diesmal vielleicht mit einer Runde Poker nach dem Essen und einer Geschichte über jene Weihnachtsfeste, die besondere Überraschungen und Lektionen für uns bereit hielten …

Anregung:
Lass deinen Stift sprechen …
  • Was war dein ungewöhnlichstes Weihnachtsfest?
  • Welches möchtest du noch mal erleben?
  • Wie wäre dein ideales Fest abgelaufen, wenn nicht …?

Das ist die Frage, die uns in diesem Sommercamp besonders beschäftigen wird! Um sie zu beantworten, wollen wir nach Herzenslust fabulieren, fantasieren und Geschichten zu schreiben, die uns unserer Version von Freiheit näher bringen.

Im Sommercamp teile ich deshalb Schreibeinladungen und Imaginationen für drei entspannte Urlaubswochen. Nutze sie, wo immer du möchtest, zu Hause, am Strand, in den Bergen oder anderswo und erlebe jeden Tag ein bisschen deutlicher, wie sich Freiheit anfühlen kann!

Auf in einen wonnevollen Schreibsommer!

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