Wer ist es, der im Roman „Ich“ sagt? Ist die Autorin mit dem Text gleichzusetzen?

Neue Autobiografie – wie wahr ist die Wahrheit?
Schreiber*innen stellen mir häufig die Frage, wie wahrheitsgetreu denn Ihre Erinnerungen im Memoir sein müssen. Schließlich bleibt uns nicht jedes Wort, das wir vor 30 Jahren gesagt haben, genau im Gedächtnis. Und manche Menschen, die einen prägten, möchte man nicht erwähnen – etwa um sie zu schützen. Andere – vielleicht wesentliche Szenen – hat man vergessen. Was tun? Meine Antwort: Es geht um Ehrlichkeit Euch selbst gegenüber und darum, Eure emotionale Wahrheit darzustellen. Natürlich wird Frau und Mann unglaubwürdig, wenn sie eine Geschichte komplett um die emotionale Wahrheit herum erfinden, wie es vor einigen Jahren der Autor Wilkomirski getan hat: Er hatte seine Verfolgung als Jude erfunden und darüber eine Biografie geschrieben. Der Glaubwürdigkeit von Zeitzeugenberichten hat er dadurch eine Zeitlang sehr geschadet. Im Memoir – im Gegensatz zum fiktionalen Text – geht es darum um die narrative Wahrheit, um die Erinnerungen, die wir – weil sie emotionale Bedeutung erlangt haben – speichern konnten. Da darf eine Jahreszahl schon mal falsch sein, auch ein Zitat muss nicht wortgetreu sein, aber das Gefühl, das ein Dialog in Euch auslöste, die Entwicklung, die ihr dank des Gesprächs machen konntet, die möchte ich als Leser*in so wahrhaftig wie möglich geschildert sehen. Denn dies Versprechen gebt ihr als Autor*in eines Memoirs: Ich werde Dir, liebe Leserin, lieber Leser, so wahrhaftig wie möglich erzählen, wie ich zu dem oder der geworden bin, die ich bin.
Heute reblogge ich für Euch einen Beitrag der Autorin und Schreibpsychologin Johanna Vedral, in dem es um das „Ich“ in fiktionalen Texten geht. Viel Spaß …

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

* Die DSGVO-Checkbox ist ein Pflichtfeld

*

Ich stimme zu

Nach oben scrollen