Geschenkte Zeit

Die Zeit von Heilig Abend bis Silvester ist mir heilig. Nicht aus den Gründen, die auf der Hand liegen. Nicht wegen des heiligen Geburtstags, der auf den 24. fällt, und dann zwei Tage lang gefeiert wird, und auch nicht weil Weihnachten heuer günstig liegt und wir mit einem Minimum an freien Tagen ein Maximum an Freizeit ergattern können. 

Mir ist die Zeit zwischen den Jahren heilig, weil es die einzige Zeit im Jahr ist, an der wir für eine Weile zur Ruhe zu kommen scheinen. Die Statistiken über Ehekräche, über den Boom in Notaufnahmen, über Selbstmorde sprechen da eine andere Sprache. Aber trotzdem: Gefühlt ist die Zeit zwischen dem 24.12. und dem 1. Januar für mich eine Zeit, die in Zeitlupe läuft.

 Anders als in der Ferienzeit im Sommer, die sich republikweit über mehrere Monate erstreckt, ist Weihnachten eine geballte verordnete Auszeit. So viele Menschen haben zeitgleich frei – ob sie wollen oder nicht. Ein paar Menschen ziehen es vor, ihrem Familienstress zu entfliehen und gehen arbeiten. Andere müssen arbeiten, um die Grundversorgung in Krankenhäusern, auf Bahnhöfen, Flughäfen und andernorts aufrecht zu erhalten.

Dank ihnen kann ich mich in diesen sieben – heiligen – Tagen zwischen Heilig Abend und Neujahr ganz beruhigt von der Welt zurück ziehen. Dies Jahr ist gelaufen, dies Jahr passiert nicht mehr viel. Alle Reden sind gehalten, Aktien gekauft oder abgestoßen, etwaige Kündigungen ausgesprochen, neue Jobs gefunden. Auch Geschenke sind gekauft, Essen geplant, Grußkarten verschickt. Ich verpasse nichts, die Welt macht Pause. Wir harren der Dinge, die da im Neuen Jahr passieren werden. 

Eine Woche lang ist die Welt „on hold“. Ich nutze die geschenkte Zeit immer gleich:   Abgesehen von den Familienritualen, die mir lieb und teuer sind (oft im wahrsten Sinne des Wortes) tue ich zunächst: Nichts. 

Ich nehme mir Zeit. Ich sehe soviel alte Filme, wie ich möchte. Ich schreibe ausgiebig meine Morningpages – drei Seiten assoziatives Schreiben ohne abzusetzen – um den Kopf zu leeren und den Tag „gereinigt“ zu beginnen. Ich gehe spazieren.

 Dann bin ich bereit für meinen Rückblick:

Was war gut im vergangenen Jahr? 

Bei wem möchte ich mich bedanken, weil er/sie mir gut getan hat? 

Was hat mich voran gebracht?

Um dann zu fragen: 

Wie möchte ich im kommenden Jahr weiter machen?

Wie möchte ich mich fühlen?

Und welcher erste Schritt ist dafür nötig?

Diese letzte Frage hebe ich mir lange auf. 

Denn wichtiger als das Vorwärtsgehen ist für mich, die guten Momente des ausgehenden Jahres zu feiern. Mir bewusst zu machen, dass ich wieder einmal Glück gehabt habe, vielleicht im Unglück, aber immerhin. Und dass ich etwas bewirken konnte, etwas erreicht habe für mich – und sei es noch so klein. Und auch wenn ich hier und da gescheitert bin – ich habe auf jeden Fall viel gelernt, von vielen Menschen und dank vieler verschiedener Erfahrungen.

Und das ist ein richtig gutes Gefühl für den Start in ein Neues Jahr.

Das ist die Frage, die uns in diesem Sommercamp besonders beschäftigen wird! Um sie zu beantworten, wollen wir nach Herzenslust fabulieren, fantasieren und Geschichten zu schreiben, die uns unserer Version von Freiheit näher bringen.

Im Sommercamp teile ich deshalb Schreibeinladungen und Imaginationen für drei entspannte Urlaubswochen. Nutze sie, wo immer du möchtest, zu Hause, am Strand, in den Bergen oder anderswo und erlebe jeden Tag ein bisschen deutlicher, wie sich Freiheit anfühlen kann!

Auf in einen wonnevollen Schreibsommer!

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