Manchmal hilft nur die Nacht

Als ich die Augen heute morgen öffnete, war ich etwa 90 Sekunden fröhlich, dann fiel mir mein 15jähriger Sohn ein. Keine Sorge, es ist nichts Schlimmes passiert, obwohl – „schlimm“ ist ja relativ. Er hatte gestern mit seinem Volleyballteam das entscheidende Qualifikationsspiel gegen den Erzrivalen versemmelt. Richtig übel, nach einer 8:1 Führung im dritten Satz. Die Deutsche Meisterschaft war verpasst.

Schlimm war für mich als Mutter, die Enttäuschung in seinen Augen zu sehen, in seinem gebeugten Körper und seiner Sprachlosigkeit. Ich fand erst keine Worte, hatte ja mitgefiebert für ihn und seine Mannschaft und seinen Trainer, die so hart und mit Herz trainiert hatten. Acht Mal die Woche, dazu Turniere und Vorbereitungsspiele am Wochenende. Als ich das sagte, wusste ich: Falsches Signal.

Ich versuchte es nochmal: Wie kann ich dich trösten? Darauf konnte er mir keine Antwort geben. Ich umarmte ihn und hörte, wie er zu meinem Mann sagte: Mama redet zuviel.

Worte haben ihre Grenzen. Mutterworte insbesondere.

Als meine fröhlichen 90 Sekunden heute vorbei waren, hatte ich diese abendliche Szene vor Augen. Und öffnete beklommen die Zimmertür. Da saß mein Sohn mit seinem Brötchen im Bett, einen U-Tube-Kanal auf dem PC, und lächelte.

Wow, dachte ich, die Macht der Nacht.

Ein paar Stunden genügen oft, um Enttäuschungen, Ärger, Frust zu verdauen. Das habe ich schon oft erlebt. Eine Wunderheilung ist das zwar nicht, aber die Seele hat wieder Kraft mit den Angängen des Alltags umzugehen.

Und Worte können wieder wirken.

Daran versuche ich zu denken, wenn mich Sorgen in den Schlaf verfolgen wollen. Manchmal, wenn es mir gelingt, ihnen diese Stunden zu gönnen, diese Zeit zum ausreifen, schlafe ich tief und fest und wache glücklich auf.

Das Leben wird es richten, die Zeit hilft mir dabei. Ich habe verdaut, dass ich meinen Sohn nicht wie einen Dreijährigen trösten kann. Müttermacht ist begrenzt.

Und er selbst? Für ihn ist nach dem Spiel vor dem Spiel. Und es gibt U-Tube. Außerdem gibt es mehr als eine Deutsche Meisterschaft.

Und so begann ich den Tag nach den besagten 90 Sekunden mit meiner Version eines Gedichts von Thich Nath Hanh, buddhistischer Lehrer und Poet. Seine Worte, vor allem, wenn ich sie im Journal notiere, machen mich neugierig auf den Tag – und zuversichtlich:

Ich lächle.
24 neue Stunden liegen vor mir.
Ich werde jede einzelne von ihnen genießen
und mir und meinen Mitmenschen
mit Liebe, Mitgefühl und Offenheit begegnen.
Ich lächle.

Thich Nath Hanh

Das ist die Frage, die uns in diesem Sommercamp besonders beschäftigen wird! Um sie zu beantworten, wollen wir nach Herzenslust fabulieren, fantasieren und Geschichten zu schreiben, die uns unserer Version von Freiheit näher bringen.

Im Sommercamp teile ich deshalb Schreibeinladungen und Imaginationen für drei entspannte Urlaubswochen. Nutze sie, wo immer du möchtest, zu Hause, am Strand, in den Bergen oder anderswo und erlebe jeden Tag ein bisschen deutlicher, wie sich Freiheit anfühlen kann!

Auf in einen wonnevollen Schreibsommer!

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