„Be Birgit“ – lautet der erste Punkt auf meiner Liste von Regeln und Erfahrungen für ein gutes Leben (siehe letzten Blogbeitrag). Und es ist nicht gerade die einfachste Regel.
Nicht gerade einfach, ist vielleicht eine Untertreibung. Birgit zu sein, ist manchmal verdammt schwer.
Zum Beispiel heute: Meine Tochter fährt seit einem Dreivierteljahr mit einem schicken schwarzen Sportrad zur Schule. Sie rühmt sich, es in zehn Minuten ans Ziel zu schaffen, während ich mit meinem nachgemachten Hollandrad kaum den einen Hügel auf ihrem Schulweg hinauf und hinunter komme. Sie ist auf ihrem Fahrrad um einiges windschnittiger. Seit drei Wochen behauptet sie nun, ihr Fahrrad sei schwergängig, die Bremsen vorne zu stark, hinten zu schwach.
Das mit den Bremsen ist ein starkes Argument. Mein Mann will deshalb sofort ein teures neues Sportrad kaufen.
Ich habe noch nicht eingewilligt, denn ich „bin Birgit“ und kenne meinen Mann. Er liebt Fahrgeräte aller Art und kauft sie unter fadenscheinigen Begründungen. Einmal, es ist schon ein paar Jahre her, war sein Fahrrad gestohlen worden. Er wollte Ersatz besorgen und kam nach Hause – mit Rollerskates.
Neben den verstaubten Rollerskates stehen im Keller mittlerweile ein Dreirad, zwei Laufräder, zwei paar Rollschuhe, ein Business-Roller, Stelzen, zwei Skateboards und drei alte Fahrräder – nebst einer Vielzahl von Ersatzteilen. Draußen steht seit zwei Wochen das alte Motorrad, das mein Mann im letzten Jahr gekauft und aufgemöbelt hat – und manchmal, wenn die Sonne scheint, schnurrt es mit ihm über die Straßen. Seine Augen leuchten dann.
Genauso wie heute morgen, als er mir erzählte, er wolle ein neues Rad für unsere Tochter kaufen.
„Be Birgit“ bedeutet daher, die Stimme der Vernunft zu erheben und zu fragen, ob die Bremsen denn wirklich unwiederbringlich und unreparierbar defekt sind.
„Be Birgit“ bedeutet aber auch, Spiel und Spaß hoch zu schätzen und Lebensfreude einzufangen, wo sie zu kriegen ist, und so werde ich es bei dem Appell belassen und mich mitfreuen, wenn demnächst ein weiteres Fahrrad in unserem Keller Platz findet.
PS: Wir haben beschlossen, den Keller auszumisten, damit endlich wieder Platz für die liebsten Hobbys meiner Liebsten ist. Auf diese gemeinsame Aufräumaktion warte ich schon lange. Es lohnt sich eben doch, ganz Birgit zu sein.
Hast du Lust gemeinsam zu schreiben?
ONLINE – Neujahrs-Schreibcamp 24 - 25
12 Schreibeinladungen & 2 Zoom-Treffen vom 20.12.24 - 6.1.25
Was für ein Jahr! Höchste Zeit, zurück zu blicken, das Schöne zu würdigen und auch das Schwierige. Lass uns ein denkwürdiges Jahr verabschieden und ein neues mit Hoffnung und klarem Fokus willkommen heißen.
Die Live-Workshops haben bereits mehr als zehn Jahre Tradition: Jedes Jahr aufs Neue haben Teilnehmer:innen und ich erlebt, wie wunderbar die „Wünsche in Worte-Methode“ wirkt.
Ich habe sie in „Schreiben zur Selbsthilfe“ (2017, 2022) beschrieben, und sie hat vier Schritte. Und ich lade dich ein sie gemeinsam mit mir und den Teilnehmer:innen zu gehen.
Auf in ein wundervolles neues Jahr!
Manches müssen wir einfach haben. Manches werden wir einfach nicht los. Oder: meins, deins, unser. Oder: wer bitte ist hier zuständig? Oder: alte Wunden: Da steht dann drei Jahre ein nicht fahrtüchtiges, jedoch angemeldetes und versichertes Auto vor der Haustüre auf der Dorfstraße. Die Nachbarn bedauerten es, als der Schrotthändler es abholte, denn sie hätten sich so an den Anblick gewöhnt. Ich nahm es zu dem Zeitpunkt schon lange nicht mehr wahr.
Mein Mann war der alleinige Geldverdiener, bezahlte die Kosten aus „seiner“ Tasche. Es quälte mich, dass „unser“ Geld so nutzlos zum Fenster rausgeschmissen wurde. Ich versuchte auf tausend und einem Weg, ihn dazu zu bewegen, es zu beseitigen. Es war ja seine Aufgabe, die ich nicht so einfach an mich ziehen wollte.
Ich habe ihm nie gesagt, wie sehr mich das alles quälte und ich habe nie gefragt, ob ich die Aufgabe für ihn übernehmen soll. z.B. Wie wir es lösen wollen.
Heute lebe ich allein. (Aus anderen Gründen.) Freue mich, wenn ich die Farbeimer nach der Renovierung wieder aus der Küche entferne.
Und von Zeit zu Zeit frage ich bei mir an, ob ich auch mal was wegwerfen darf.
Tja, die Vergangenheit lässt sich nicht so leicht wegwerfen. Manchmal brauchen wir den Ballast, um Bodenhaftung zu behalten, manchmal engt er ein und verbaut den Blick. Du machst das schon, da bin ich sicher …