Danke, Frida

„Wenn du es eilig hast, mache einen Umweg“ (Buddha) –

las ich gestern auf dem Kalender einer Bekannten. Unsinn, dachte ich, Umwege entstehen von selbst, die muss ich nicht extra machen. Ich komme fast nie direkt da hin, wo ich hin will – entweder sucht mein Sohn seine Schienbeinschützer, fragt meine Tochter nach dem französischen Wort für Mülleimer („Poubelle“) oder Frida, unser 14 Wochen alter Welpe schickt sich an, einen See auf meinen Parkettboden zu machen, während ich eigentlich einen Gedanken zuende bringen und in mein Laptop tippen will.

Und doch: Der Spruch lässt mich nicht los. Was hat Buddha damit gemeint? Heute morgen im Garten wurde es mir auf einmal klar. Nur wenn ich etwas anderes tue, als ich pflichtgemäß tun müsste, komme ich zu mir und dem, was mir wirklich wichtig ist. Weil dann eine neue Perspektive entsteht, ein Blick von außen auf die Routinen möglich wird und die Chance besteht, eine Kurskorrektur vor zu nehmen.

Und dabei hilft mir zur Zeit niemand mehr als der kleine Wirbelwind Frida: Ein espressobrauner, schäfchenweich gelockter Labraodoodle (Multigen, F1b Generation für die Insider), dem wir alle bereits restlos verfallen sind.

Mit Frida ist nichts mehr wie vorher: Ich gehe später ins Bett, damit Frida noch mal vor Mitternacht Gassi machen kann, und stehe früher auf, damit auch morgens kein Malör passiert. Dafür muss ich mich mittags ein paar Minuten hinlegen, wenn Frida nicht gerade ihre wilden zwanzig Minuten hat und durch die Wohnung springt wie ein Kaninchen auf Speed. Die Gespräche am Abendbrottisch drehen sich um die Tagesorga, denn Frida kann noch nicht lange allein bleiben, um die Futtermenge, die wöchentlich angepasst wird, um die Erlebnisse, die jedes Familienmitglied am Tag mit dem Hund gehabt hat.

Zu meinen schönsten Erlebnissen gehören die Umwege, zu denen Frida mich zwingt. Etwa die Gassirunden in meinen besten Denkphasen.  Danach sitze ich ganz still auf der Gartenbank und lausche. Frida lauscht mit, denn sie kommt vom Land und scannt jedes Stadtgeräusch auf sein Gefahrenpotenzial. Und wundere mich, während ich meinen Hund streichle, was ich bislang überhört habe: Das Rattern der Baumaschinen, das Sausen der Straßenbahn, das tiefe Brummen der Laster, die an einer nahe gelegenen Kreuzung Gas geben.

Und ich beobachte meinen Garten – so viele Runden habe ich lange nicht mehr darin gedreht – da sind die weißen Inseln der Schneeglöckchen, die langsam verblühen, die protzig bunten Krokusse, die wegen Frida kaum eine Chance auf Überleben haben, und auch die Vögel, die dicken Amseln und Dohlen, deren „Krakra“ Frida unter meine Bank treibt.

Eine Übung in Achtsamkeit ist das Leben mit Frida – wenn ich es zulasse – dabei tanke ich auf, frische Luft, frische Eindrücke. Am schönsten ist abends der Sternenhimmel, den ich lange nicht mehr betrachtet habe, aber nun, dank Frida, wieder wahrnehme.

Nein, ich bin zur Zeit nicht die Schnellste, wenn es um die Erledigung von Pflichten geht, ich bin auch oft müde, aber bereichert und beglückt.

Danke, Frida.

 

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