„Mit dem Erstaunen fängt es an“

… so lautete der Titel des jüngsten Poesietherapie-Symposiums am Fritz-Pearls-Insitut in Hückeswagen. Dort habe ich am Wochenende mitgehört, mitgeredet und mitgeschrieben. Erstaunt war ich vor allem von folgender Begegnung, morgens um halb sieben auf dem Flur des Tagungszentrums – und darum schreibe ich Euch heute davon.
Habt eine erstaunliche Woche – Eure Birgit

Eine Affäre von Sekunden

Als erstes sah ich ihre moosgrünen Augen, die mich fixierten – ebenso wie meine Füße. Als zweites sah ich ihr grau-schwarzes Köpfchen, in dem diese Augen wie in Höhlen hausten. Absonderlich, dachte ich. Sind Katzenköpfe immer so schmal? Als drittes sah ich den zarten Leib, zu dem dieser Kopf gehörte. Er saß hinter einer Glastür und maunzte.

Eingesperrt, wahrscheinlich schon die ganze Nacht, dachte ich. Ich zog die schwere Tür auf, hielt ihr die Freiheit hin, lockte stumm mit den Augen. Komm, komm, hindurch. Ihre Augen – moosgrün – forderten meine – graugrünen: Tu was anderes, tu mir was Gutes!

Ich hockte mich hin, Hand ausgestreckt – die Katzenallergie offensichtlich eine Fehldiagnose. Ein knöchernes Etwas mit seidiger Fellumhüllung schmiegte sich in meine Hand. Es schnurrte – in mir oder in ihr. Meine Nase begann zu jucken.

Nach meinem Hund waren tausende Streichelzüge ungestreichelt geblieben. Wie Blei beschwerten sie Arme und Seele. Wollte mich jetzt eine Katze um die Last erleichtern? Wer hatte sie geschickt, warum lief sie nicht davon in den Garten, warum suchte sie mich?

Ich könnte eine Persianerin halten. Aber wohin mit dem Katzenklo?
Ich hustete.

Die moosgrüne Blickerin schnurrte an meinem Oberschenkel entlang, ich schnurrte mit der Hand über ihren Rücken. Über ihre Flanke, den Kopf. Den so zerbrechlichen Kopf. So weich.

Eine neue Liebe.

Dann biß sie zu, ins Knie, die Zähne durchdrangen die Hose, nicht die Haut. Ich – stockstill – glaubte, ich hätte geträumt. Die Katze schnurrte wieder.

Jetzt ein Hieb mit der Tatze, auf den Arm, durch den Pulli, in die Haut.

Meine Hand ließ den Türgriff los. Die gläserne Grenze schloss sich. Moosgrüne Augen im grau-schwarzen Kopf wieder dahinter. Graugrüne Augen, davor, wässrig – schuld nur die Allergie.

Ich bin eine Hundefrau, nach einer sehr kurzen stürmischen Affäre mit einer Katze.

Das ist die Frage, die uns in diesem Sommercamp besonders beschäftigen wird! Um sie zu beantworten, wollen wir nach Herzenslust fabulieren, fantasieren und Geschichten zu schreiben, die uns unserer Version von Freiheit näher bringen.

Im Sommercamp teile ich deshalb Schreibeinladungen und Imaginationen für drei entspannte Urlaubswochen. Nutze sie, wo immer du möchtest, zu Hause, am Strand, in den Bergen oder anderswo und erlebe jeden Tag ein bisschen deutlicher, wie sich Freiheit anfühlen kann!

Auf in einen wonnevollen Schreibsommer!

0 Kommentare zu „„Mit dem Erstaunen fängt es an““

  1. von gläsernen Grenzen, von Ungeübtem, en:
    een hond wordt geen kat, ein Adler keine Ameise, eine Schwalbe kein Regenwurm (RM)oder:
    mancher Tiger sieht tatsächlich wie eine Katze aus.
    „Er, nicht ich, hatte angerufen, wie in der letzten Zeit öfters. Erkundigte sich, wie es mir gehe, körperlich, seelisch.
    Er erzählte, wie er sich zurzeit fühlte. Welche Botschaften die Ärzte für ihn hatten und welche er sich stattdessen wünschte.
    Wir waren beide fast zeitgleich gesundheitlich auf ähnliche Weise ausgebremst worden.
    Wir genossen unser Gespräch – teilten uns auch darüber gegenseitig unsere Freude mit.
    Ich begann mich in die Gesprächsdecke zu kuscheln, zog sie mir gerade bis an die Ohren.
    „Wir telefonieren dann nächste Woche wieder.“
    Wie ? Ungeübt im Umgang mit den -und dem Wahrnehmen der- unsichtbaren Grenzen, war ich erstaunt.
    Inzwischen bin ich geübter.“
    Lieben Gruß
    Regine

    1. DANKE!
      Gesprächsdecken sind eine wunderbare Sache – leider stricken immer zwei daran. Dem ein oder anderen kann so eine wollige Strickware auch leicht mal zu warm werden – unser Temperaturempfinden ist ja sehr individuell. Ich lerne daraus: Decke immer gut festhalten und zur Not allein drunter kuscheln.

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