„Montagshund“ oder: „Die Qualität der Gedanken“

Ein passender Titel für diesen Blogtext wäre auch: Routinen sind dazu da, gebrochen zu werden.  Ihr ahnt es schon: Irgendetwas ist nicht rund gelaufen, und die Schreiberin versucht sich wieder einmal in Schadensbegrenzung.

Wobei: Geplant war, dass ich mich in diesem Blog mit dem Thema Grenzen beschäftige. Was sind gute Grenzen, was sind notwendige Grenzen, wann schaffen Grenzen ein Gefängnis  – und können sie womöglich auch Freiheit bedeuten? Diese Fragen lassen sich innerpsychisch bis territorial und international betrachten – und das tue ich jetzt – rebellisch wie ich bin – im Hintergrund, während ich Euch über meine aktuellen Herausforderungen erzähle.

Meine Familien- und Arbeitsroutinen sind gerade in Auflösung begriffen; das bedeutet: viele Grenzen, die mir üblicherweise Struktur geben, sind gefallen.

Zum Beispiel morgens: Normalerweise obliegt das morgendliche Kinder-in-die Schule-Schicken meinem Mann, aber der ist weit, weit weg, auf Recherche. Meine lebensnotwendigen Morgenseiten fallen im Augenblick weg, dafür eile ich nach der Kinder-Verabschiedung mit unserem Hund zum See. Das geht entweder mit der S-Bahn, mit dem Leihauto (aufs Rad, Auto von Leihstation holen, Hundekiste rein, Hund rein, Frau rein, los) oder mit dem Fahrrad und Anhänger (Anhänger an Fahrrad, Hund in Anhänger, Frau auf Rad  … ). Letzteres ist Schwerstarbeit für mich, da Hund und Anhänger zusammen sicher mehr als 40 Kilo wiegen.

Normalerweise arbeite ich morgens auch am besten. Aber nach der Hunderunde muss Hundi erstmal gereinigt (Schlauch an, Hund in Schüssel, gut schrubben, gut abtrocknen …) und gefüttert werden, dann falle ich hundemüde in den Sessel. Wenn mein Körper sich wieder rühren mag, ist mein Kopf noch im Leerlauf, der Magen knurrt und ich muss dringend frühstücken.

Ich weiß, das kann Frau auch nebenbei erledigen, habe ich die letzten Tage auch versucht: In der S-Bahn gab’s Coffee to go und Brötchen, dito im Auto, nur heute habe ich dafür Magengrimmen.

Normalerweise gehe ich zweimal die Woche morgens zum Sport, damit mein Rücken die Schreibtischtage einigermaßen wegsteckt. Abends bin ich zu Aktivitäten meist zu k.o. und die Abendroutine – Abendbrot, Zähneputzen überwachen, Sohn ins-Bett-Bringen, obliegt ohnehin traditionell mir.

Doch auch beim Thema Sport hat Hundi einen Strich durch die Routine gemacht:  Hundi bekommt ihre neuen Zähne und nagt daher alles an, was nicht wegläuft. Also auch Treppenstufen, Stuhlbeine, Schuhe, Tischtennisschläger (meines Sohnes), Flip Flops (meiner Tochter), und zuletzt eben auch ihre eigene Schlafbox.

Die Theorie meiner Freundin M., dass mein Hund wegen seiner Labrador-Gene ein Allesfresser bleiben wird, verkrafte ich nicht und muss sie hiermit vehement zurückweisen. Jetzt lässt sich auf jeden Fall die Hundebox nicht mehr verschließen, so dass Hundi nicht mehr gefahrlos allein zu Hause bleiben kann, wenn ich mal eine Stunde sportlich sein will.

Fazit: Geliebte Routinen sind hinfällig, notwendige Begrenzungen nicht mehr existent und wichtige Entfaltungsräume futsch: Meine Schreibzeiten und mein Sport. Und damit auch: Meine gute Laune.

Meine Freundin G. hat mir gegen meinen Frust ein Rezept verraten. Sie rät: „Wenn das Leben nicht gut läuft, verbessere die Qualität Deiner Gedanken.“

Mein erster Gedanke nach dieser Äußerung: „So ein Quatsch.“

Doch in Ermangelung einer Alternative habe ich dann die Qualität meiner Gedanken mühevoll angehoben. Statt: Blödes Hundi und verflixter Tag denke ich nun: „Wenn alte Grenzen fallen, sind neue Perspektiven und Routinen nötig.“

Also habe ich mir für heute und morgen ein Auto gemietet (ein Luxus, zugegeben), in dem ich Hundi lasse, wenn ich gleich eine Stunde Sport treibe. Das Auto wird auch morgen früh vor der Tür stehen und ich freue mich darauf, wohlgemut an den See zu fahren, vielleicht selbst eine Runde zu schwimmen und mich am Toben meines Hundes zu freuen, bevor ich dann mit Hundi im Café sitze, meine Morgenseiten schreibe und meine gute Laune pflege.

Darüber hinaus tröstet mich folgender qualitativ hochwertiger Gedanke:

„Es hätte schlimmer kommen können“.  So wie neulich am Sonntag, als Hundi in unbeobachteten zehn Minuten die Betonsäcke angenagt hat, die wir vorübergehend im Flur gelagert hatten. In der mit Notfällen gefüllten Tierklinik hörte ich mich dann eine Viertelstunde später diesen tragikomischen Satz sagen:

„Wissen Sie vielleicht wie schnell Beton im Bauch eines Hundes hart wird?“

Der Blick der Arzthelferin verriet, dass sie sich zeitgleich mit mir dicke scharfkantige Mauerteile im weichen Gedärm meines Hundes vorstellte …  Und zwei Minuten später waren wir im Sprechzimmer.

Eine Stunde später standen wir wieder am Eingangstresen und die Arzthelferin und ich lächelten uns entspannt an: Der Magen von Hundi war wieder schön leer.

Womit auch gesagt wäre, wie es zum Titel dieses Blogs kommt: „Montagshund“ (den ich trotz allem fast so lieb habe wie Kinder und Mann). A propos Mann: Mitte nächster Woche ist dieser wieder im Lande und die alten Routinen greifen wieder … Und das ist nun wirklich der qualitativ beste Gedanke dieses Morgens.

Vielleicht nehmt Ihr meine Erfahrung als Schreibanregung, nur fünf Minuten, gleich als nächstes: Wo und wie könntet Ihr die Qualität Eurer Gedanken verbessern – und  Euch neue Freiheiten und bessere Laune verschaffen?

 

 

 

Das ist die Frage, die uns in diesem Sommercamp besonders beschäftigen wird! Um sie zu beantworten, wollen wir nach Herzenslust fabulieren, fantasieren und Geschichten zu schreiben, die uns unserer Version von Freiheit näher bringen.

Im Sommercamp teile ich deshalb Schreibeinladungen und Imaginationen für drei entspannte Urlaubswochen. Nutze sie, wo immer du möchtest, zu Hause, am Strand, in den Bergen oder anderswo und erlebe jeden Tag ein bisschen deutlicher, wie sich Freiheit anfühlen kann!

Auf in einen wonnevollen Schreibsommer!

2 Kommentare zu „„Montagshund“ oder: „Die Qualität der Gedanken““

  1. Also, ich habe in der Regel sofort bessere Laune, wenn ich an meine gute Freundin B denke oder einen so erfrischenden Text lese. Zugegebener Maßen musste ich bei der ein oder anderen Szene lachen – nicht aus Schadenfreude, sondern aus Freude über dein Talent, auch Katastrophen schreibend mit Humor zu betrachten…
    Denk an dich
    M

    1. Vielen Dank, liebe M. Hab mich sehr über den Kommentar gefreut! Es ist so: Mittlerweile denke ich bei jeder Unbill, die mir passiert, dass ich dringend über sie schreiben müsste. Und – zack – schon bin ich in eine Distanz zu mir selbst geraten, die das Leben wirklich oft leichter macht. Und dann kann ich auch über mich und die Situation lachen. Bis dann wieder ein Schuh zerbissen ist, ich aus Zerstreutheit Salat einfriere oder … äh … ich glaub, ich muss mal schnell nachschauen, was Hundi da treibt …

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