Schreibanlässe

Endlich, die Sonne geht unter, eine kleine Brise weht den drückenden Tag von der Terrasse.  Noch schwitzend schaue ich ihm nach und denke dabei an mein Blogthema für heute Abend.

Noch vor wenigen Minuten hatte ich nicht vor, das wärmende Laptop auf meine ohnehin zu warmen Beine zu stellen und zu schreiben. Aber dann passierte es. Nichts Außergewöhnliches, nichts Schlimmes, aber es war für mich Anlass genug, mich doch hier hinzuhocken und zu schreiben.

Eine dunkelhaarige, zierliche Frau war mir beim Gang mit dem Hund entgegen gekommen und ich hatte gedacht: Das ist doch Ana! Ana, meine liebe Schreibkollegin aus Wien! Als ich die Frau dann passierte, stellte ich fest: Es war nicht Ana, es war eine Fremde.

Aber meine Schreiblaune war erwacht, als hätte ich Ana mit ihrer inspirierenden Art wirklich getroffen. 
Wobei wir beim Thema sind: Der tägliche Anlass zu schreiben. 

Als ich vor vielen Jahren – grad aus der Schule – mein Volontariat an einer Tageszeitung begann, fragte ich meinen Ausbilder, was denn ein geeignetes Thema für einen Artikel sei. Er sagte: Schau Dich um. Dann schreib auf, was Du siehst. 

Ein ähnlicher Ausspruch stammt von Egon Erwin Kisch, dem berühmten Reporter, der ein Buch so betitelte: „Schreib das auf.“ Ich verstehe Kisch und meinen Ausbilder folgendermaßen: Alles, was uns berührt, bewegt, zum Nachdenken bringt, kann ein Anlass zum Schreiben sein. Alles.

Seitdem habe ich oft festgestellt: Ein Thema muss nicht die Welt bewegen, sondern nur mich selbst. Dann ist es auch fast immer ein gutes Thema und berührt, bewegt, beschäftigt auch andere Menschen. Wir Menschen teilen eine Reihe großer Lebensthemen wie Liebe, Angst vor Krankheit und Tod, den Wunsch nach Anerkennung und vieles mehr. Diese Themen verbinden uns. Darüber zu lesen, wie andere damit umgehen, kann uns inspirieren.

Jetzt möchte ich Euch noch einen Schreibanlass nennen, der funktioniert, wenn ich mal nicht berührt, bewegt oder nachdenklich bin und wenn ich auch Ana nicht beim Hundespaziergang treffe. 

Es ist der berühmte erste Satz eines Buches. An so einem Satz haben die Autoren oft lange gefeilt, weil erste Sätze die Lesenden packen und nicht wieder loslassen sollen.

Das gelingt natürlich nicht immer.

Trotzdem sind erste Sätze oft anregend und können mich inspirieren, ihnen meine eigenen, kleinen Geschichten folgen zu lassen. Für Euch und mich habe ich heute drei Bücher aus dem Regal gezogen und darin diese Einstiege zum Weiterschreiben gefunden. 

1. Etwas war anders, aber er wusste nicht was.  ….   (Martin Suter, Die Zeit, Die Zeit).

2. Es muss passiert sein, als ich gerade mit meiner Schwester telefonierte. Hatte mir während des Gesprächs ein Glas Wein eingeschenkt, die Vorhänge zugezogen, Lampen angeknipst. Bei mir war es Viertel nach sechs…
(Renate Dorrestein, Mein Sohn hat ein Sexleben und ich lese meiner Mutter Rotkäppchen vor).

3. Kaum hatte Peter ihr den Koffer in den Zug getragen, schon schien er es eilig zu haben, wieder auszusteigen. Aber nicht um wegzugehen. (Alice Munro, Liebesleben).

Ich wünsche Euch viel Spaß beim Weiterschreiben. Und wenn kein guter erster Satz für Euch dabei ist, geht doch mal Spazieren. Und dann: Schreibt das auf!

Das ist die Frage, die uns in diesem Sommercamp besonders beschäftigen wird! Um sie zu beantworten, wollen wir nach Herzenslust fabulieren, fantasieren und Geschichten zu schreiben, die uns unserer Version von Freiheit näher bringen.

Im Sommercamp teile ich deshalb Schreibeinladungen und Imaginationen für drei entspannte Urlaubswochen. Nutze sie, wo immer du möchtest, zu Hause, am Strand, in den Bergen oder anderswo und erlebe jeden Tag ein bisschen deutlicher, wie sich Freiheit anfühlen kann!

Auf in einen wonnevollen Schreibsommer!

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