Verliebte Momente

„Coup de Foudre“ heißt es auf Französisch, wenn die Liebe ins Leben einschlägt wie ein Blitz. Ein Mann, eine Frau, die sich im Fahrstuhl, im Cafè, im Zug zulächeln, ein Lächeln zurück, die Blicke werden tiefer, den Rest kennt ihr aus Filmen …

So einen „Coup de Foudre“ gibt es auch eine Portion alltäglicher, sachlicher. Für den regelmäßigen Genuss sozusagen:

Heute morgen verliebte ich mich beispielsweise neu in meinen Zitronenbaum, seine gelben Früchte leuchteten mir ermunternd zu, ich lächelte zurück, während ich mich auf meinem Sessel zum Schreiben zurecht ruckelte.

Mein Blick geht, während ich dies tippe, immer wieder zu dem Bäumchen. Wie gut, dass ich ihn gestern umgestellt und in Sichtweite platziert habe. Im Zuge einer Haus- und Leben-Aufräumphase – aber dazu ein andermal mehr.

In dem Moment, in dem ich meinen Zitronenbaum neu entdecke, verliebe ich mich auch in den Tag, in kleine Details meiner Umgebung, in Menschen, Dinge, Umstände. Ein Coup de Foudre – light.

So auch vorgestern im Zug: Die Frau in grüner Tunika, mit getönter Haut und großen Einkaufstaschen bittet meinen betagten Sitznachbarn in gebrochenem Deutsch um sein Handy. „Nie im Leben wird der Alte sein Gerät hergeben“, denke ich, er wirkt misstrauisch, argwöhnisch und als ob er „Wie kommt die Frau dazu mich anzusprechen?“ denkt.

„Ich muss meinen Betreuer anrufen“, sagt die Frau. Der bärbeißige Senior zögert eine Viertelsekunde, dann darf sie wählen.

Sie braucht drei Versuche, drei Anrufe bei Freunden, drei Wortwechsel in einer Sprache, die wir nicht verstehen, bis sie die richtige Nummer hat. Noch ein Blick zu dem Alten, darf ich nochmal? Er wirkt mittlerweile ein bisschen nervös: „Wo in aller Welt ruft sie bloß an? Gilt da meine Flatrate?“

Das letzte Telefonat bringt Klarheit, ein Sven oder Sten ist am Telefon, die Frau in Grün lächelt.

An der nächsten Station steht sie auf, greift die Hände des Alten und senkt ihren Kopf, um sie zu küssen. Dann faltet sie die Hände vor der Brust, lächelt und wendet sich mir zu. Sie greift auch meine Hände, küsst sie, und bedankt sich. „Warum bei mir?“, denke ich, aber mir wird auch warm ums Herz. Perplex sehen wir ihr nach, als sie den Bahnsteig entlang geht.

Eine unerwartete Begegnung wie diese macht mich froh. Menschen, die sich anders als erwartet verhalten. Bekannte Dinge, die ich neu wertschätzen lerne.

Ich kann mich auch heute in meinen Tag verlieben – und bin schon ganz gespannt, was er bereit hält.

Was begegnet Euch heute? Gibt es einen Moment, der spannend und unerwartet schön ist? Einen Coup de Foudre-light?

Wenn Ihr mögt, freut Euch beim Schreiben ein zweites Mal, denn schreiben ist wie doppelt zu leben.

Einen unerwartet schönen Mittwoch wünscht Euch

Birgit

 

 

Das ist die Frage, die uns in diesem Sommercamp besonders beschäftigen wird! Um sie zu beantworten, wollen wir nach Herzenslust fabulieren, fantasieren und Geschichten zu schreiben, die uns unserer Version von Freiheit näher bringen.

Im Sommercamp teile ich deshalb Schreibeinladungen und Imaginationen für drei entspannte Urlaubswochen. Nutze sie, wo immer du möchtest, zu Hause, am Strand, in den Bergen oder anderswo und erlebe jeden Tag ein bisschen deutlicher, wie sich Freiheit anfühlen kann!

Auf in einen wonnevollen Schreibsommer!

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