Nachlese zum Workshop: Wie wir zu Held*innen wurden

Wunder!
Herz schlägt
Nase atmet
Bauch fühlt
Kopf denkt
Hand schreibt
Wunder.
(Regine Mai)

Diese Zeilen von Regine Mai beschreiben, wie sich viele der Teilnehmer*innen im Workshop „Neue Autobiografie“ Anfang September auf Wangerooge gefühlt haben: Sie waren zutiefst erstaunt über die eigenen Fähigkeiten und die Freude daran, ihr Leben in Worte zu fassen.

Noch immer bekomme ich SMS oder Emails, die in etwa so lauten: „Ich schreibe und schreibe und schreibe. Danke.“ Oder: „Ich wusste nicht, dass all diese Worte, all diese Erfahrungen in mir stecken.“ Oder: „Danke für die Inspiration.“

Ich danke hiermit zurück, nichts freut mich mehr, als Schreiblust zu wecken und Menschen anzuregen, sich ihrer eigenen Lebens-Heldentaten bewusst zu werden und stolz darauf zu sein.

Stolz, in dem Sinne, dass wir anerkennen, wie viele Lebens-Herausforderungen wir schon gemeistert haben, weil wir mussten: etwa Verluste, Scheitern, unerfüllte Liebe, Krankheit, Überforderung, Formen von Gewalt, schlimme Chefs, Arbeitslosigkeit.
Und wir haben auch Ziele erreicht, Karrieren gemacht, Kinder bekommen, haben Häuser gebaut und Bäume gepflanzt.  Wir alle sind nur dadurch zu der- oder demjenigen geworden, der wir sind.

Über die Erfahrungen, die sie am meisten geprägt haben, schreiben die Teilnehmer*innen meiner Kurse auf Wangerooge und demnächst auch in Bremen. Sie schreiben ihr Memoir, ihre Neue Autobiografie, und haben damit das erfolgreiche neue Genre gewählt, das dem Roman  gerade den Rang abläuft.

Im Memoir werden wahre Geschichten mit literarischen Mitteln spannend erzählt, so dass Leser*innen sich identifizieren und neue Perspektiven gewinnen können. Es scheint fast so, als seien unsere Leben so bunt und reichhaltig geworden, dass Fiktion ihren Reiz für viele verliert.

Den Reiz des Authentischen haben die Schreiber*innen auf Wangerooge  im unglaublich schönen Veranstaltungsraum „Oberdeck“ erfahren, mit  atemberaubenden Rundumblick auf das Meer. Dort fand unsere Lesung zur blauen Stunde statt und Fortgeschrittene lasen aus Ihren Manuskripten.  Die Erfahrung, Worte zu finden, die andere erreichen, war zutiefst befriedigend und beflügelnd. Ich glaube, diese verbindende Erfahrung ist es, die uns immer wieder zum Schreiben bringt.

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Wer ein Memoir schreibt, wagt sich an eine Königsdisziplin des Schreibens, denn Memoirs erfordern nicht nur literarisches Können und die Fähigkeit, sich selbst reflektieren zu können, sondern vor allem großen Mut. Beim Schreiben begegnen wir auch schmerzhaften Gefühlen, alter Wut, Verzweiflung, Trauer. Und wir lernen Dinge über uns, die wir bislang vielleicht nicht wahrhaben wollten.

Und dann geschieht das Wunder des Schreibens. Wir werden zum wahren Autor, zur wahren Autorin. Wir übernehmen die Verantwortung für unsere Erfahrungen, beziehen Stellung, „we speak our truths“, stehen zu unserer Perspektive. Wir werden im wahrsten Sinne des Wortes „Autor*in“, das heißt zur Schöpfer*in, Gestalter*in, Urheber*in unseres Lebens. Wir übernehmen die Macht, um von heute an und in Zukunft unsere eigene Geschichte zu gestalten.

„Die neue Autobiografie erinnert uns daran, dass wir alle einzigartige Puzzlestücke in den Händen halten, und dass unsere Gesellschaft unser aller Erfahrung und Weisheit benötigt, damit wir erkennen können, was wahr ist.“ (Tristine Rainer, Autorin, Schreibdozentin).

P1060025 Ich lade Euch ein, diese Erfahrung in einer wertschätzenden Gruppe selbst (wieder) zu machen  Im kommenden Jahr wird es mehrtägige Workshops in Bremen mit Blick auf die Weser und auf Wangerooge mit Blick aufs Meer geben. Ich freue mich schon heute auf Eure Geschichten.

 

 

 

0 Kommentare zu „Nachlese zum Workshop: Wie wir zu Held*innen wurden“

  1. Hat dies auf Schreibstudio rebloggt und kommentierte:
    Beim Memoirschreiben „übernehmen wir die Macht, um von heute an und in Zukunft unsere eigene Geschichte zu gestalten“, sagt Birgit Schreiber, mit der ich gemeinsam in der Memoir-Schreibgruppe des writersstudio mit dem faszinierenden Prozess des Memoir-Schreibens begonnen habe. Lies hier weiter „Wie wir zu HeldInnen wurden“…

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